Leopold Mozart ist in erster Linie als Vater von Wolfgang Amadeus Mozart bekannt. Dabei war auch Leopold selbst zu Lebzeiten ein berühmter und einflussreicher Mann. Besonders auffällig: wie vielseitig er war. Diese Woche wäre Leopold Mozart 300 Jahre alt geworden. BR-KLASSIK wirft einen Blick auf seine facettenreiche Persönlichkeit.
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Stadt der Reichstage, Stadt der Händler, Stadt der Kanäle: Augsburg ist im Mittelalter und der frühen Neuzeit ein wichtiges kulturelles und wirtschaftliches Zentrum. Besonders berühmt ist die Stadt für ihre Buchdrucker. Johann Georg Mozart ist einer von ihnen. Am 14. November 1719 bekommen er und seine Frau Anna ihren ersten Sohn: Leopold Mozart. Früh kommt der auf die jesuitische Stiftsschule, lernt, spielt Theater und macht Musik: Violine, Bratsche, Cembalo, Orgel, Gesang – alles gelingt dem Jungen. Doch Kleriker wird Leopold nicht, er bricht die Schule ab und geht nach Salzburg zum Studium, das er später zwar auch abbricht – sein Leben findet aber nun im heutigen Österreich statt.
Seiner Heimatstadt Augsburg bleibt Leopold Mozart trotzdem treu: Er behält sein Bürgerrecht und lässt es sich zweimal vom Rat der Stadt bestätigen, ebenso holt er in Augsburg eine nachträgliche Genehmigung für seine Salzburger Heirat ein. Und auch Reisen führen Leopold und seine Kinder immer wieder in die Stadt am Lech – besonders zu seinem Bruder Franz Alois Mozart. An dessen Tochter, dem "Bäsle", schreibt Wolfgang dann seine berühmten derb-humorvollen Bäsle-Briefe: "iezt wünsch ich eine gute nacht, scheissen sie ins beet daß es kracht; schlafens gesund, reckens den arsch zum mund" (W. A. Mozart, aus den Bäsle-Briefen)
Das musikalische Talent, dass Leopold Mozart schon als Schüler in Augsburg gezeigt hat, kommt in Salzburg richtig zur Geltung: Nachdem er sein Studium abbricht, wird der gut 20-jährige Leopold Kammerdiener beim Domherrn Johann Baptist Graf von Thurn-Valsassina und Taxis. Dem widmet er dann auch sein selbstgestochenes Opus 1, sechs Streicher-Triosonaten. Damit hat Leopold Mozart seinen Fuß in der Tür des Salzburger Adels, er kommt in die Hofkapelle, wird erst Anwärter, dann vierter Violinist und – deutlich später – Vizekapellmeister. Seine Musik findet den Weg nach ganz oben. Der Erzbischof ordnet Aufführungen seiner Werke an, die inzwischen im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt sind. Leopold Mozart komponiert viel: Sinfonien, Oratorien, Divertimenti. Doch er druckt seine Werke nicht, wodurch sie heute zum größten Teil verloren sind.
Bildquelle: imago / Leemage Als Wolfgang älter wird, komponiert Leopold weniger, arbeitet aber wahrscheinlich viel an den frühen Kompositionen seines Sohnes mit. Selbst als der auf eigenen musikalischen Beinen steht, bleibt der Vater Korrekturleser. Und er komponiert selbst auch noch im Alter sehr modern: Die "Neue Lambacher"-Sinfonie von Leopold wird nach seinem Tod fälschlicherweise Wolfgang Amadeus Mozart zugeschrieben. Leopolds Kompositionen können sich messen – auch mit denen des Sohnes.
Den größten Einfluss auf die Musikgeschichte nimmt Leopold Mozart als Musikpädagoge: Einmal durch seine Kinder, besonders seinen Sohn Wolfgang, den er zum Wunderkind fördert und fordert. Statt seine Kinder zur Schule zu schicken, gibt Leopold Nannerl und Wolfgang Hausunterricht, in Nannerls "Notenbuch" schreibt er Übungen hinein. Leopold ist da schon ein erfahrener Lehrer. Am Salzburger Hof unterrichtet er die Chorknaben an Klavier und Violine.
1756, im Geburtsjahr Wolfgangs, bringt Leopold ein Buch heraus: Den "Versuch einer gründlichen Violinschule", das erste umfassende Lehrbuch für die Geige auf Deutsch. Systematisch beginnt Leopold bei der Erklärung der verschiedenen Instrumente, geht über die richtige Bogenhaltung und das Spiel von Verzierungen bis zum guten Vortrag. Leopold ist nun gefragter Musikpädagoge und Intellektueller: "Ein Werk von dieser Art hat man schon lange gewünschet, aber sich kaum getrauet zu erwarten", schreibt der berühmte Musiktheoretiker Friedrich Wilhelm Marpurg. Dieses Werk wird auch 2019 noch benutzt: nun als Quelle für Fragen der historischen Aufführungspraxis.
Noch vor Wolfgang Amadeus sechstem Geburtstag ist für Leopold Mozart klar: Der Knabe ist ein Wunder Gottes. Leopolds Aufgabe also: Dieses Wunder der Welt präsentieren. 1762 unternehmen der Vater und seine Kinder die erste gemeinsame Kutschenreise nach München, Nannerl und Wolfgang treten vor Kurfürst Maximilian III. auf.
Bildquelle: © ISM, Mozart-Museen & Archiv Bald darauf geht es nach Wien, sie spielen für den Kaiser und die Kaiserin, und dann zur wichtigsten Reise, der dreijährige Grand Tour - unter anderem über Brüssel, London, Paris und Genf. Weitere Wienreisen folgen, außerdem drei Reisen nach Italien, in denen Wolfgang vom Papst zum "Ritter vom goldenen Sporn" ernannt wird. Leopold organisiert die Reisen, hält das Geld zusammen, lässt Plakate drucken und rührt die Werbetrommel. Er ist der Manager des Familienunternehmens und bestimmt auch die Programme: Ein Spektakel sollen sie sein, der kleine Wolfgang spielt mit dem Rücken zur Klaviertastatur, improvisiert Melodien auf Zuruf und zeigt demonstriert sein absolutes Gehör.
Mozartkugeln mit dem Konterfei Wolfgangs waren damals zwar noch nicht erfunden – wahrscheinlich hätten sie dem geschäftstüchtigen Leopold aber gut gefallen.
1747, gut 10 Jahre, nachdem Leopold Mozart nach Salzburg gekommen ist, heiratet er im Dom Anna Maria Pertl aus St. Gilgen am Wolfgangsee. Neun Monate nach der Hochzeit kommt das erste Kind zur Welt – wie vier weitere Geschwister überlebt es das Säuglingsalter nicht. Zwei Kinder aber werden groß: Maria Anna Walburga Ignatia, genannt Nannerl, und der viereinhalb Jahre jüngere Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus, genannt Wolferl. Leopold verlangt viel von den Kindern, ist aber kein gewaltsamer "Züchtiger", wie viele Väter zu dieser Zeit. Er ist Anhänger der Aufklärung, auch seine Tochter erfährt eine umfassende Bildung. Nannerl rückt allerdings in die zweite Reihe, als Wolfgangs Talent immer deutlicher wird.
Spätestens während der "Grand Tour" durch ganz Westeuropa von 1763 bis 1766 merkt Leopold: Sein gut 10-jähriger Sohn ist anders als er. Während Leopold rational und kontrolliert ist, ist Wolfgang impulsiv, vertrauensselig und zuweilen egozentrisch. Er will auch die Anstellung am Salzburger Hof nicht, die ihm der Vater schließlich verschafft: Gegen den Widerstand Leopolds schmeißt Wolfgang in Salzburg hin, verlässt die Stadt und geht 1781 nach Wien. Dort heiratet er Constanze Weber, die Leopold nicht ausstehen kann. Nur noch zweimal sehen sich Vater und Sohn noch, dann stirbt Leopold 1787 in Salzburg.
BR-KLASSIK sendet vom 11. bis 15. November 2019 jeweils um 8.15 Uhr ein kleines Porträt über Leopold Mozart.