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Vorbericht: "Manon" am Staatstheater Nürnberg Glitzerkampf um die Liebe

Die junge Manon soll ins Kloster, lernt auf dem Weg dorthin aber ihre große Liebe kennen. Sie flieht mit ihrem Chevalier, verfällt in Paris doch dem Laster und stirbt. Die Geschichte des französischen Schriftstellers Abbé Prévost hat gleich mehrere Komponisten zu Opern inspiriert: Etwa Giacomo Puccini und ein paar Jahre zuvor auch Jules Massenet. Am 18. Januar feiert Massenets "Manon" nun in der Nürnberger Staatsoper Premiere.

Manon Nürnberg | Bildquelle: Ludwig Olah

Bildquelle: Ludwig Olah

Gleich drei große Bögen mit Glühbirnen umrahmen das Geschehen in der Nürnberger Oper, in der Mitte dominiert ein verspiegelter langer Catwalk die ansonsten dunkel gehaltene Bühne. Regisseurin Tatjana Gürbaca setzt bei ihrer Nürnberger "Manon" auf Show – eine zeitgenössische Show. Manon trägt anfangs ein zartes rosa Kleid; ihre große Liebe, der Chevalier Des Grieux, ein Holzfällerhemd. Die beiden entscheiden sich anfangs füreinander und gegen Kommerz, Anerkennung und Reichtum. Doch dann entspinnt sich Jules Massenets vertrackte Handlung. Der Vater des Grieuxs lässt seinen Sohn entführen, Manon verfällt den Männern und ihren Versprechungen, träumt davon Königin zu sein. Vier Akte später ist sie tot.

Wer ist diese Manon?

"Man fragt sich: Was soll man von der Manon halten?", sagt Tatjana Gürbaca. "Ich habe mir dann gedacht, man muss einfach mal den Blick auf die Gesellschaft um sie herum richten. Und dann wird einem viel klar über das Stück." Diese Gesellschaft frönt dem Exzess. Glitzer in allen möglichen Farben bedeckt die Bühne. Monsieur de Brétigny, Manons erster Liebhaber, und ihr Cousin Lescaut kommen als Rotkäppchen und der böse Wolf auf die Bühne – in Lack- und Lederkostümen, mit Fetischmasken und Reitgerte.

Ich bewundere Jules Massenet. Er schafft es mit wenigen Federstrichen, ein Bild von einer Gesellschaft zu zeichnen, die von Konkurrenz und ewiger Beschleunigung geprägt ist.
Tatjana Gürbaca

Manons Kleider werden immer pompöser. Bald darauf, im Glitzerbody, fährt sie in einer spektakulären Show-Nummer im Stil von "Moulin Rouge" in den Pariser Luxushimmel hinauf. "Es ist ein böses kapitalistisches Märchen", sagt Gürbaca. "Uns war es wichtig, einen Ort zu schaffen, der unglaublich glamourös und verheißungsvoll sein kann und sich im zweiten Teil dann in sein Gegenteil verkehrt."

Gürbaca inszeniert eine Hommage an die Discozeit

Der zweite Teil: Die Kehrseite des Exzesses. Manon, mittlerweile mit zauseligen neongelben Haaren und Netzstrümpfen, verprasst Unsummen, trauert aber weiter ihrer großen Liebe hinterher. Ein Liebes-Comeback scheitert im Spielcasino. Eine Intrige ihres Gönners Morfontaine schickt die mittlerweile todkranke Manon ins Gefängnis. "Ich finde es spannend, dass bei Massenet einerseits all diese zuckersüßen Themen kommen, am Ende die Handlung aber sehr viel bitterer ist als all die Puccini und Verdi-Opern", sagt Tatjana Gürbaca.

Ich finde den Kontrast spannend, das bittere in der Handlung und das absolut süße in den Melodien.
Tatjana Gürbaca

Die Regisseurin inszeniert diese Bitterkeit als morbide Hommage an glorreiche, aber vergangene Discozeiten. Jules Massenets Musik aus dem Orchestergraben unterstützt diesen Gegensatz. Sie bleibt, egal, was auf der Bühne passiert, romantisch, elegisch: musikalische Liebe, die Manon in der Handlung verwehrt bleibt.

"Manon" von Jules Massenet in Nürnberg

Inszenierung: Tatjana Gürbaca
Musikalische Leitung: Guido Johannes Rumstadt
Mit u.a. Eleonore Marguerre, Tadeusz Szlenkier, Levent Bakirci
Premiere am Samstag, 18. Januar 2020
Weitere Informationen zur Aufführung sowie zu Terminen und Tickets finden Sie hier.

Sendung: Leporello am 17. Januar 2020 ab 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK.

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