In frühester Kindheit begann Midori Geige zu spielen. Mit elf debütierte sie bei den New Yorker Philharmonikern. Später studierte die japanische Geigerin dann unter anderem Psychologie. Warum, hat sie BR-KLASSIK im Interview verraten.
Bildquelle: Timothy Greenfield-Sanders
Interview mit Midori:
"Musiker sollten ihren Horizont erweitern"
BR-KLASSIK: Midori, heute Abend geben Sie zusammen mit Ihrem Klavierpartner Özgür Aydin ein Konzert. Was bedeutet es für Sie, Kammermusik zu machen?
Midori: Kammermusik zu machen ist etwas ganz Besonderes. Ich mag die Abwechslung bei Konzerten. Mal spiele ich mit Orchester, mal im Duo, mal im Quartett oder im Quintett. Aber ich glaube, bei Recitals kann ich meinen Duopartner wirklich gut kennenlernen und wir können gemeinsam eine Persönlichkeit als Duo entwickeln. Das finde ich faszinierend und es motiviert mich.
BR-KLASSIK: Sony hat kürzlich eine Sammlung von 10 CDs herausgebracht unter dem Titel "The Art of Midori" - "die Kunst von Midori". Es ist eine Sammlung von vielen Aufnahmen von Ihnen - frühe Aufnahmen aber auch aktuelle. Welches von diesen vielen Stücken ist Ihnen am meisten ans Herz gewachsen?
Midori: Das ist schwierig zu sagen. Ich glaube, für mich ist es unmöglich, ein Stück auszuwählen, das mein absolutes Lieblingsstück ist. Bach ist mir auf jeden Fall sehr wichtig. Ich spiele jeden Tag Bach. Seine Musik hört nie auf, mich zu verzaubern. Sie ist gleichzeitig so komplex und so einfach, und dabei so schwierig zu spielen. Bachs Musik begleitet mich immer.
BR-KLASSIK: Auf Ihrer Homepage finden sich viele kleine Texte über Stücke, die Sie spielen und gespielt haben. Wieso schreiben Sie über Musik?
Midori: Ich habe angefangen über die Stücke zu schreiben, die ich spiele, weil ich dachte, dass es vielleicht Leute gibt, die mehr über diese Werke erfahren wollen. Vielleicht interessiert sie der Standpunkt eines Musikers, der das Stück gespielt hat. Ich habe schon immer gern geschrieben und schreibe jetzt schon seit Jahren über meine Recital-Stücke. Es fühlt sich ganz selbstverständlich an.
BR-KLASSIK: Sie sind nicht nur Geigerin, sondern haben auch Psychologie studiert. Würden Sie sich wünschen, dass alle Künstler so vielseitig sind und nicht nur Musik machen?
Anfang des Jahres erschien bei Sony eine CD-Box mit Aufnahmen der Geigerin Midori. | Bildquelle: Sony Classical Midori: Ja! Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass Musiker ihren Horizont erweitern und sich auch mit anderen Dingen beschäftigen. Ich sage das nicht nur über Künstler, sondern das betrifft jeden. Wir alle sollten die Gelegenheit wahrnehmen, zu lernen, was um uns herum passiert. Ob man das über ein Studium macht, oder ob man in der Bibliothek ein Buch liest, egal. Damit öffnen wir uns für Neues, und das ist sehr wichtig. Als Musiker ist es vielleicht nicht üblich, ein akademisches Studium zu absolvieren. In meinem Fall war das auch nicht geplant. Ich wollte damals einfach gern wissen, wie es ist, auf einem US-College zu sein. Und ich wollte mich gern mit anderen austauschen, die genauso wissbegierig waren. Mein Ziel war es also nicht, einen Abschluss zu machen oder etwas Bestimmtes zu wissen. Ich habe viele verschiedene Fächer belegt und Psychologie hat mein Interesse am meisten geweckt. Und am Ende hatte ich dann doch meinen Abschluss in Psychologie.
BR-KLASSIK: 2007 sind Sie von Ban Ki-moon, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, zur Botschafterin des Friedens ernannt worden. Ihr erstes soziales Projekt war 1992 "Midori & Friends". Was treibt Sie zu diesem Engagement an?
Midori: Es ist ein Weg, andere und sich selbst besser kennenzulernen und sich als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen. Die Arbeit mit Kindern, mit Benachteiligten, mit Behinderten, das fühlte sich schon immer ganz natürlich an für mich. In meiner Familie haben wir alle das Bedürfnis, auf andere zuzugehen, egal in welchem Beruf wir arbeiten, und für mich als Musikerin war das genauso. Bei den Projekten, die ich ins Leben gerufen habe, sei es Midori and Friends, Music Sharing oder Partners in Performance, da lerne ich so viel. Wenn ich das Gefühl habe, dass etwas getan werden muss, dann setze ich auch alles daran, dass es getan wird. Und Musik hat einfach diese Kraft, Menschen zusammenbringen. Ich könnte mir nicht vorstellen, diese Projekte nicht zu machen.
Donnerstag, 10. März 2016 um 19.30 Uhr
in der Stadthalle Germering
Midori, Violine
Özgür Aydin, Klavier
Werke von Liszt, Elgar, Schönberg und Richard Strauss
Weitere Konzerttermine:
11. März: London, Wigmore Hall
12. März: Tübingen, Festsaal der Universität
13. März: Zorneding, Martinstadl
15. und 16. März: Wien, Ehrbar-Saal
17. März: Berlin, Konzerthaus
18. März: Kempten, Stadttheater