Verzweifelte Standortsuche: Die Nürnberger Oper muss saniert werden. Als Ausweichspielstätte ist die Kongresshalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände angedacht – und das sorgt für Protest. Die Zeit drängt jedoch. Jetzt haben sich die Beschäftigten des Staatstheaters in einem offenen Brief ausdrücklich für die Zwischennutzung der Kongresshalle ausgesprochen. Prompt reagierten die Kritiker.
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Seit Wochen wird in Nürnberg diskutiert: Darf man aus der Kongresshalle, diesem gigantischen, U-förmigen Nazi-Bau, eine Bühne machen? Nein! – sagt der Verein "Geschichte für alle", der historische Führungen über das ehemalige Reichsparteitagsgelände organisiert. Die Pläne der Stadt beeinträchtigten die Aufklärung über die Machtdemonstration, die Ideologie und Propaganda der Nazis.
"Hierbei ist der unverstellte Blick auf die authentischen Fassaden und in den Innenhof der Kongresshalle als sinnlich erfahrbares Symbol des Größenwahns, aber auch seines Scheiterns, ein wichtiger Bestandteil des pädagogischen Konzeptes unserer Führungen", teilte der Verein am Sonntag in einem offenen Brief mit. Die Kongresshalle sollte ursprünglich 80 Meter hoch werden und 50.000 Menschen Platz bieten. Mit Kriegsbeginn kamen die Bauarbeiten aber zum Erliegen. Übrig geblieben ist ein 38 Meter hoher denkmalgeschützter Rohbau, der bis auf einige Lager leer steht.
Reagiert hat der Verein mit seiner Einlassung auf den offenen Brief der Beschäftigten des Staatstheaters, der am Freitag veröffentlicht wurde. Tenor: Eine verantwortungsvolle kulturelle Nutzung der Kongresshalle ist möglich! "Wir sind kein Bestandteil der Unterhaltungsbranche, sondern haben einen kulturpolitischen Bildungsauftrag", schreibt die Personalvertretung des Staatstheaters Nürnberg. Diesem Auftrag wollen die Theaterleute in Zusammenarbeit mit Experten aus den Bereichen Geschichte und Erinnerungskultur "besonders wirksam gerecht werden". Auch die Staatsphilharmonie Nürnberg hat sich in einem offenen Brief für eine Ausweichsspielstätte in der Kongresshalle ausgesprochen.
Die Zeit drängt. Spätestens zur Spielzeit 2024/25 soll die Renovierung des historischen Opernhauses starten. Bis dahin muss das Interimsquartier stehen. Ansonsten droht die Schließung. Eine Entscheidung über die Zwischennutzung der Kongresshalle fällt der Nürnberger Stadtrat voraussichtlich am 15. Dezember. Für die Kongresshalle spricht insbesondere, dass sie im Besitz der Stadt ist. Daher würde keine Miete fällig. Außerdem wären bei den Standort-Alternativen, der Schöller-Industriehalle und der Messe, teure Umbauarbeiten nötig.
Sendung: "Allegro" am 29. Novermber ab 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK
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