Einer der bekanntesten Klassik-Preise in Deutschland ist der Opus Klassik, am Sonntagabend wurde er in Berlin verliehen. Es war eine ungewohnt politische Show.
Es soll ja Leute geben, die nicht wegen der Preise zu Preisverleihungen gehen. Für die Preisträger und Dankesreden nur Pflichterfüllung sind, bevor der eigentliche Teil des Abends mit kaltem Büffet und Aftershow-Party beginnt. Wer das erwartet hat, bei der Verleihung des Opus Klassik 2020 wäre er falsch gewesen. Denn Corona-bedingt fielen nicht nur Büffet und Party aus, auch die Verleihung selbst war ungewöhnlich.
Ganz gewöhnlich zunächst aber die Rahmenbedingungen: Konzerthaus Berlin, Thomas Gottschalk moderiert wie Gottschalk eben moderiert im Goldbär-goldenen Anzug, deutsche Schauspielerinnen mühen sich mit Laudationes vom Teleprompter, das ZDF überträgt die Gala am späten Abend. Unter den Preisträgerinnen und Preisträgern sind einige Nachwuchskünstler, Musikvermittlungsprojekte wurden ebenso ausgezeichnet, aber auch die altbekannten großen Namen: Anne-Sophie Mutter wird als Instrumentalistin des Jahres geehrt, Rudolf Buchbinder für sein Lebenswerk, Jonas Kaufmann gewinnt in der Kategorie "Klassik ohne Grenzen".
Ich freue mich, dass ich immer noch zu den 'heißen Eisen' der Klassik zähle.
Aber auch ein Branchenpreis kann ein gutes Händchen für gute Künstler haben. Und das hat der Opus Klassik in diesem Jahr: Gerade die Trägerinnen und Träger der Nachwuchspreise (Sänger Benjamin Bernheim, Sängerin Elsa Dreisig, Pianistin Isata Kanneh-Mason, Klarinettistin Annelien van Wauwe) werden auch manchem Klassikfan noch nichts sagen. Sie können die Aufmerksamkeit so eines Preises gebrauchen – auf der Fernsehbühne stehen und spielen dann aber doch die bekannten Klassikpromis.
Warum also überhaupt eine Preisverleihung in dieser Zeit und an diesem Ort? Schließlich werden weltweit inzwischen wieder mehr und mehr Konzerte und Veranstaltungen wegen steigender Infektionszahlen abgesagt. Die Antwort ist: Sie wollen es beweisen. Künstler und Veranstalter wollen zeigen, dass Kultur trotz Corona möglich ist. "Gemeinsam wollen wir auf und hinter der Bühne die Stimme erheben, damit klassische Musik ihre wichtige Funktion in unserer Gesellschaft weiter wahrnehmen kann", sagt Clemens Trautmann, Chef des Vereins zur Förderung der Klassischen Musik e.V., der den Preis ausrichtet. Das kann man trotzig nennen, oder auch mutig.
3000 Euro Corona-Soforthilfe für Soloselbstständige in Bayern seit März – da fehlen mir die Worte.
Zunächst sind das nur Appelle, die leicht in den hohen Decken des Berliner Konzerthauses verhallen können. Auf der anderen Seite ist es für eine solche Galaveranstaltung ungewöhnlich, überhaupt politisch zu sein. Dass die Nöte insbesondere der freischaffenden Künstler im Fernsehen einem breiten Publikum vermittelt werden, hat der Veranstaltung immerhin Sinn gegeben. Die Aftershow-Party gibts dann wohl nächstes Jahr wieder.
Sendung: Allegro am 19. Oktober 2020 ab 06.05 Uhr