Am 2. Oktober 2020 feierte Monteverdis "L'Orfeo" am Staatstheater Nürnberg Premiere. Regisseur Jens-Daniel Herzog und Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz war mit einem der ersten Werke der Operngeschichte ein eindringlicher Kommentar zur aktuellen Corona-Situation gelungen. Als der Herbst-Lockdown erneut Live-Aufführungen vor Publikum verhinderte, entstand aus der Theateraufführung ein Opernfilm. Am 13. Mai feiert er Premiere auf BR-KLASSIK CONCERT.
1607 wurde die Favola in Musica "L’Orfeo" von Claudio Monteverdi in Mantua uraufgeführt, ein Experiment mit der damals neuen Kunstform Oper. Erzählt wird die Geschichte des gefeierten Sängers Orpheus, dessen Frau Eurydike am Hochzeitstag von einer Schlange gebissen wird. Unfähig, ihren Tod zu akzeptieren, macht er sich auf den Weg in den Hades, um sie zurückzuholen.
"L'Orfeo" zeigt uns eine Welt der Lebenslust, der Konsumfreude, die sich von einem Moment auf den anderen in ihr Gegenteil verwandelt. Für Joana Mallwitz, Generalmusikdirektorin am Staatstheater Nürnberg, ist die Handlung der über 400 Jahre alten Oper aktueller denn je: "Alle sind glücklich, es gibt die große Hochzeitsparty, und dann wird man rausgerissen durch ein traumatisches Erlebnis, hinein in die Einsamkeit, in die Stille." In der Zeit der Pandemie wurden Wirtschaft, Schulen, Theater stillgelegt, Kontakte beschränkt, der Zugang zur Welt abgeschnitten. Mit seiner Inszenierung von "L'Orfeo" antwortet der Regisseur Jens-Daniel Herzog auf dieses Gefühl der Ohnmacht. Am 2. Oktober 2020 hatte sie im Nürnberger Opernhaus vor stark reduziertem Publikum Premiere.
Man wird durch ein traumatisches Erlebnis hineingerissen in die Einsamkeit, in die Stille.
Bereits kurz nach der Premiere im Oktober vergangenen Jahres mussten die Theater wieder schließen: Der zweite Lockdown trat in Kraft und traf die Kultureinrichtungen erneut besonders hart. So entstand die Idee, Monteverdis "L'Orfeo" in der Nürnberger Inszenierung als Opernfilm zu realisieren – in einer Kooperation zwischen BR-KLASSIK Franken und dem Staatstheater Nürnberg. Gemeinsam mit Operndirektor und Staatsintendant Jens-Daniel Herzog entwickelte Filmregisseur Hans Hadulla eine Filmfassung, die den Orpheus-Mythos ins Hier und Jetzt holt. Mit ausgeklügelten Kameraeinstellungen kommt der Film den Protagonistinnen und Protagonisten ganz nah und versetzt das Publikum mitten hinein in die emotionalen Achterbahnfahrten der Handlung.
Joana Mallwitz hat sich im vergangenen Jahr bereits als Videoexpertin bewährt, als sie in ihren "Expeditionskonzerten" Meisterwerke der Musikgeschichte vor laufender Kamera erklärte. "L'Orfeo" hingegen ist nicht als Erklärfilm konzipiert, betont die Dirigentin. "Aber es ist auch nicht einfach eine Abfilmung eines Opernabends." Denn die Kamera blickt auch hinter die Kulissen und zeigt, wie das Team des Nürnberger Staatstheaters zu Coronazeiten überhaupt eine solche Oper auf die Bühne bringen kann. "Dadurch bekommt man sozusagen mehr mit, der Film hat also auch einen dokumentarischen Charakter." Für Mallwitz ist "L'Orfeo" dadurch ein "absolutes Zeitdokument".
BR-KLASSIK CONCERT zeigt die Premiere des Opernfilms "L'Orfeo" am 13. Mai 2021 ab 20:00 Uhr. Zeitgleich sendet BR-KLASSIK die Audiofassung des Opernfilms "L'Orfeo".