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Puccinis "Trittico" in München Ein Abend voller Sünden

New York, 14. Dezember 1918: Auf der Bühne der Metropolitan Opera hebt sich der Vorhang für Giacomo Puccinis "Il trittico" - drei Kurzopern von je einer Stunde Dauer, komplett verschieden und doch zusammengefügt zu einem Opernabend. Die Uraufführung wird eine Sensation. Heute gehört die Trilogie nicht mehr zu Puccinis populärsten Stücken, und an der Bayerischen Staatsoper gab es sie bislang auch nicht komplett in der italienischen Originalfassung. Die Premiere am 17. Dezember ist also ein Debüt.

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Fast auf den Tag 99 Jahre nach der Uraufführung in New York hebt sich nun im Münchner Nationaltheater erstmals der Vorhang für Puccinis komplettes "trittico". Die Niederländerin Lotte de Beer, die mit den drei Kurzopern an der Bayerischen Staatsoper ihr Hausdebüt als Regisseurin gibt, findet Puccinis Werk absolut aktuell: "Eigentlich kommt es mir sehr modern vor, die Stücke sind kurz. Man bekommt ein komplettes Drama in unter einer Stunde, das gehört sehr ins 21. Jahrhundert."

Eine komprimierte "Tosca"

"Il tabarro", der Mantel, ist eine sehr realistisch gezeichnete Dreiecksgeschichte in Paris Anfang des 20. Jahrhunderts: im Mittelpunkt steht ein Schiffer-Ehepaar, das den Tod seines Kindes nicht verwindet und sich auseinanderlebt. Die Musik klingt wie eine komprimierte "Tosca", sehr radikal. "Ich finde es 'extremen Puccini', irgendwie", sagt Regisseurin Lotte de Beer. Und Wolfgang Koch, der den Schiffer Michele singt, ergänzt: "Es ist ein radikalerer Puccini, wenngleich schon typischer Puccini. Es ist vielleicht die direkteste Oper, er kommt da am schnellsten auf den Punkt."

Suor Angelica spricht jeden von uns an.
Die Sopranistin Ermonela Jaho

Macht und Machtmissbrauch

"Suor Angelica", das Mittelstück, bietet innerhalb der Trilogie eine lyrische Variante: ein Stück im Kloster, angesiedelt im 17. Jahrhundert, auf der Bühne nur Frauen. Im Mittelpunkt das tragische Schicksal von Angelica, die ihr Kind und darüber ihren Verstand verliert und Selbstmord begeht. Doch die Sünde wird ihr vergeben. Die albanische Sopranistin Ermonela Jaho singt die Titelpartie und findet in dem Stück eine allgemeingültige Aussage: "Suor Angelica spricht jeden von uns an. Obwohl wir uns lieben, können wir manchmal so grausam zueinander sein und uns gegenseitig beschädigen." Für Lotte de Beer geht es in "Suor Angelica" vor allem um Macht und ihre Facetten: "In erster Linie handelt das Stück für mich von Machtmissbrauch, und wie wir, wenn wir missbraucht werden, selbst anfangen zu missbrauchen. Und die Menschen finden dann für ihre Handlungen Gründe. Jeder sagt in dieser Oper von sich: Ich musste das tun, das will Gott so von mir."

Die Hoffnung für mich ist, dass wir über uns selbst lachen können.
Regisseurin Lotte de Beer

Alle menschlichen Sünden

Puccinis "Gianni Schicchi" an der Bayerischen Staatsoper - Szenenfoto | Bildquelle: Bayerische Staatsoper / Wilfried Hösl Das Finale des "trittico" ist heiter, aberwitzig komisch, eine Art Commedia dell'arte im mittelalterlichen Florenz. Es erzählt die Geschichte des gewieften und listigen Erbschleichers Gianni Schicchi, einer Figur aus Dantes Göttlicher Komödie. Lotte de Beer resümiert: "Am Ende des Abends haben wir auf der Bühne alle menschlichen Sünden gesehen. Alle drei Stücke zeigen das schwärzest mögliche Bild von uns Menschen. Und das zweite verbindende Element der drei Opern ist der Tod." Obwohl der Tod für Regisseurin Lotte de Beer Dreh- und Angelpunkt ihrer Inszenierung ist, die sie in ein einziges Bühnenbild mit jeweils historischen Kostümen packt, bleibt für sie am Ende der drei Einakter nicht nur Resignation übrig: "Die Hoffnung für mich ist, dass wir über uns selbst lachen können. Und dass wir singen und tanzen können, um uns aus dieser imperfekten Welt heraus zu träumen."

Drei Perlen an einem Abend

"Gianni Schicchi" ist sicherlich der populärste der drei Einakter, das Stück strotzt vor schwarzem Humor und schleudert uns hin und her zwischen Sympathie und Unmut über das unmoralische Personal. Auch Lotte de Beer hat es zunächst am meisten begeistert: "Natürlich dachte ich als erstes: Yeah, ich darf Schicchi inszenieren, wow! Das macht wirklich so viel Spaß. Aber dann schaut man sich die anderen Stücke genau an und sieht, dass es wirklich drei Perlen sind."

Puccinis "Il trittico" an der Bayerischen Staatsoper und auf BR-KLASSIK:

Premiere: 17. Dezember 2017, 18.00 Uhr

Bayerisches Staatsorchester
Musikalische Leitung: Kirill Petrenko
Inszenierung: Lotte de Beer

Der Bayerische Rundfunk überträgt die Premiere live; ab 17:30 Uhr gibt es im Foyer aus dem Münchner Nationaltheater Live-Interviews mit Beteiligten der Produktion. Moderation: Annika Täuschel.

Informationen zu Terminen, Vorverkauf und Besetzung finden Sie auf der Homepage der Staatsoper.