Lange war die Tangokultur in Argentinien von einem männlichen Blick auf die Welt geprägt. In Buenos Aires bricht nun ein queeres Tango-Orchester mit den konservativen Normen.
Wer die Augen geschlossen hat und einfach den Tangoklängen lauscht, merkt gar nicht, was für ein besonderes Orchester in Buenos Aires auf der Bühne steht. Doch sobald man genauer hinschaut, wird der Bruch mit den Traditionen offenichtlich. Der Gesang kommt von einer Person in rotem Kleid, hohen Schuhen und langen Haaren - und mit einem Bartschatten.
Valentin lächelt hinter seiner runden Brille. Es macht ihm offenbar Spaß, die Tango-Klischees über den Haufen zu werfen. Dabei ist das Leben für alle, die nicht ins binäre oder konservative Raster der Gesellschaft fallen, in Argentinien alles andere als einfach. Zwar wurde kürzlich eine Trans-Quote für öffentliche Ämter eingeführt, doch Argentinien ist nicht so fortschrittlich, wie man denken könnte, sagt Valentin. Das Gesetz von 2021, das eine Änderung des Geschlechts im Pass möglich macht, sei nicht durchdacht worden, kritisiert der Musiker. Da könne man jetzt eben Mann, Frau oder nicht-binär ankreuzen, aber viele Ämter erkennen den dritten Status nicht an.
Für queere Menschen in Argentinien ist es ein langwieriger Kampf um Respekt und Empathie. Das Tango-Orchester "La Empoderada" ist nur ein Teil davon. Es will queeren Musikbegeisterten einen geschützten Raum geben, in dem sie sich ausdrücken und gegenseitig unterstützen können.
Sendung: "Allegro" am 14. Januar 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK