Er löst im Rausch der Drehungen, Ojos, Ausfall- und Trippelschritte euphorische Gefühle aus, bis man am Ende erschöpft - manchmal mit einer Träne im Auge - an einem Glas Rotwein nippt. Weltweit fasziniert der Tango. Argentinien begeht heute den Nationaltag des Tangos. Da wird natürlich groß gefeiert.
Bildquelle: Natacha Pisarenko picture alliance / AP Photo
"Der Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann". Diese Weisheit Enrique Santos Discépolos, einer der namhaftesten Tangodichter, scheint unverwüstlich zu sein. Auch nach über 100 Jahren Tangogeschichte. Abend für Abend lockt der Tango auf die Tanzfläche und steht wie kaum ein anderer Tanz für die Ambivalenz der Gefühle. Die einen verführt er in erotische Abenteuer, und er fängt die anderen auf, die mit dem Tanz die Flucht aus einer Enttäuschung suchen. "Mi noche triste", "meine traurige Nacht", ist der Titel eines der ersten aufgenommenen Tangos von dem legendären Sänger Carlos Gardel.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
Carlos Gardel - "Mi Noche Triste"
Heute sind es neben dem alten Tango der 1920er und 1940er Jahre die Stile "Neotango" und "tango electronico", zu denen in den Tanz-Cafes und Clubs getanzt wird. Prägend für die neuen Stile der letzten Jahrzehnte ist das Schweizer Gotan-Projekt gewesen. Die drei Musiker versetzten Tango-Motive wie Astor Piazzolas "Libertango" mit disco-tauglichem Beat.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
Gotan Project / Bond - Shine - Libertango (Astor Piazzolla)
Zu den moderenen Interpreten der lokalen Szene von München und Oberbayern zählt der argentinische Gitarrist Luis Borda. Geboren in Lincoln, einem Weiler in der Provinz Buenos Aires, hat Borda, der seit 1997 in München lebt, beides im Blut: Die ländlich-folkloristische Milonga, der schnelle punktierte Rhythmus im 2/4-Takt, und den langsameren städtischen Tango, der in 4/4 gespielt wird. Egal, welchen Tangostil man spiele, sagt Borda, wichtig sei, dass die Wurzeln des Tango aus der Zeit, als er sich Anfang des 20. Jahrhunderts als eigenständige Kultur der Vorstadt entwickelt hat, nicht verloren gingen im Disco-Mix heutiger Tage. Eine der Kompositionen von Borda, der 2004 mit dem Kölner Regisseur Arne Birkenstock den Dokumentarfilm "12 Tangos Buenos Aires" produziert hat, trägt den Titel "Ironia del Salon".
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
12 Tangos - Ironía de Salon (Tango Dance with Gisele y Gaspa
Von Carlos Gardel, dem Sängerstar der frühen Jahre, bis zur zeitgenössischen Tangokultur heutiger Tage war es ein weiter Weg. Kein anderer hat diese Geschichte so geprägt wie der Bandoneonist Astor Piazzolla. Als kleiner Junge spielte er in dem Gardelfilm "El dia que me quieras" mit (im folgenden Video links im Bild zu sehen).
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
Gardel con Piazzolla (Escena de El día que me quieras)
Piazzolla wurde als junges Bandoeneon-Talent von Anibal Troilo entdeckt, einer der prägenden Tango-Orchesterleiter der Tango-Salon-Zeit der 1920er bis 1940er Jahre.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
"Volver" - Anibal Troilo y Astor Piazzolla
Astor verließ Troilos Orchester und gründete seine eigenen Formationen. Vor allem sein Quintett mit dem Pianisten Pablo Ziegler, dem Geiger Fernando Suarez Paz, dem Gitarristen Oscar López Ruiz und dem Kontrabassisten Héctor Console wurde legendär. Und was ist mit den Frauen in der Tangoszene? Für "Ein letzter Tango" hat der deutsch-argentinische Regisseur German Kral die mittlerweile 85-Jährige Tangotänzerin Maria Nieves getroffen und begleitet. Der Dokumentarfilm erzählt von Nieves Hassliebe zu ihrem langjährigen Partner Juan Carlos Copes.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
EIN LETZTER TANGO | Trailer deutsch german [HD]
Wie auch immer man zum Tango steht: Das Großartige ist, dass er Menschen in ihren dunklen Seiten ernst nimmt. Und dass er für Frau oder Mann da ist, egal in welcher Stimmung sie oder er ist. Denn Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann. Wer gut drauf ist, hat erst recht was davon.
Sendung: "Allegro" am 11. Dezember 2019 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (0)