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Sharon Kam spielt beim Georgischen Kammerorchester Nicht einfach nur eine Klarinettistin

Aufgewachsen in Israel, Studium in New York, heute in Hannover zu Hause. Mit 21 Jahren hat Sharon Kam 1992 den ARD-Musikwettbewerb gewonnen. Nun ist die erfolgreiche Solistin Artist in Residence beim Georgischen Kammerorchester. Und sie passt als Kosmopolitin wunderbar zum diesjährigen Motto der Ingolstädter Musiker. Denn das widmet sich 2016 "Grenzgängern".

Bildquelle: Maike Helbig

"Grenzgänger", das Motto 2016 beim Georgischen Kammerorchester, ist angesichts der Flüchtlingsströme höchst aktuell. Für das Orchester ist es aber auch ein ganz persönliches Thema: Vor 25 Jahren hat das Georgische Kammerorchester eine neue Heimat in Ingolstadt gefunden. Am 25. Februar konzertiert das Georgische Kammerorchester in Ingolstadt zusammen mit der Klarinettistin Sharon Kam.

Ich habe viel Energie. Das merkt fast jeder, der mich kennenlernt - nach fünf Sätzen in einer Sekunde. So bin ich halt.
Sharon Kam, Klarinettistin

Ein richtiges Energiebündel ist die Klarinettistin Sharon Kam auch auf der Bühne. Immer in Bewegung, ganz egal, ob sie in einer Kammermusikformation sitzt oder als Solistin vor dem Orchester steht. Zur Klarinette kam Sharon Kam auf Umwegen: Erst lernte sie Geige, dann Klavier und Blockflöte. Mit zwölf Jahren entdeckte sie schließlich die Klarinette, doch ihre Mutter war entsetzt: Klarinette mache Krach und quietsche, sie solle lieber ein richtiges Instrument lernen. Aber Sharon Kams Entschluss stand fest. Und ihre Liebe zum Instrument gehe soweit, sagt die 44-Jährige, dass sogar ihre Stimme mittlerweile ein bisschen wie eine Klarinette klinge. Oder umgekehrt. Weil sie nicht singen könne, habe sie sich ein Instrument gesucht, das ihrer Stimme ähnlich sei.

Alles ausser Klezmer

Zwar wurde Sharon Kam in Israel geboren und wuchs dort auf. Aber mit der vermeintlich typischsten Musik ihrer Heimat, der Klezmer-Musik kann sie nichts anfangen. Ansonsten ist sie mit ihrer Klarinette in allen Stilen zuhause: von der Klassik bis zur zeitgenössischen Musik. Richtung Jazz hat sie ebenfalls ihre Fühler ausgestreckt. Zudem eroberte sie sich ein Repertoire abseits der Klarinettenliteratur: Sharon Kam schwärmt nämlich für Gesang und Oper, und weil sie behauptet, nicht singen zu können, spielt  sie Opernarien und Lieder - als erste Klarinette spielende Primadonna.

"Du bist kein Bläser." Das sei vielleicht das größte Kompliment gewesen, dass ihr einmal gemacht worden sei. Denn, so Sharon Kam, sie wolle mit ihrer Klarinette spielen wie ein Geiger oder ein Sänger, "einfach unmittelbarer als ein Bläser, der doch so mit Blasen beschäftigt ist." Im Orchester wollte sie nie spielen, sondern immer Solistin sein. Ein Traum, der wahr geworden ist. Ihr Herz schlägt aber nicht nur für die große Sololiteratur, sondern auch für die Kammermusik. Ihre Mutter ist Bratschistin. Und fast jeden Freitag gab es in der Familie Kammermusik - mit Kollegen, mit viel Essen, Trinken und guter Laune. Deshalb fühlt sich die Klarinettistin einfach zu Hause, wenn sie mit Streichern spielt und die vertrauten Klänge genießt.

Warme Klangfarbe, technische Raffinesse, unglaubliche Intensität, erzählerisches Talent - das sind nur einige Klassifizierungen aus zahlreichen Lobeshymnen. Weniger bekannt ist Sharon Kams Experimentierfreude. In den Sommerferien scheut sie nicht davor zurück, einer Bio-Karotte mit der Bohrmaschine zu Leibe zu rücken und eine Gemüse-Klarinette zu basteln – und diese dann natürlich auch zum Klingen zu bringen.

Mein Ziel ist, kreativ zu bleiben, mich immer weiter sich zu entwickeln. Ich hoffe, ich schaffe das noch ein paar Jahre.
Sharon Kam, Klarinettistin

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