Wie geht es beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ohne Chefdirigenten Mariss Jansons weiter? Orchestermanager Nikolaus Pont hat am Freitag das neue Saisonprogramm vorgestellt. Artist in Residence wird der Star-Pianist Igor Levit sein. Die Chance, dass sich unter den eingeladenen Dirigenten auch der Nachfolger Jansons' befindet, ist groß.
44 Abonnement-Konzerte, elf Sonderkonzerte, drei Konzertreisen: So wird die kommende Saison des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks aussehen – falls sich die Corona-Krise bis zum Herbst beruhigt hat. "Es ist tatsächlich schwierig, in einer Situation, in der keine Konzerte stattfinden können und Menschen dazu aufgefordert werden, Zuhause zu bleiben, ein Konzertprogramm vorzulegen", gibt Orchestermanager Nikolaus Pont zu. Das Orchesterbüro hat sich dennoch für eine Bekanntgabe entschieden. "Wir wollten damit einen großen Optimismus zum Ausdruck bringen. Ein schöner Blick in die Zukunft, der hilft uns ja auch."
Es ist die erste Saison des Orchesters nach dem Tod ihres Chefdirigenten Mariss Jansons. Er hatte die Saison ursprünglich einmal mitgeplant. Nach seinem Tod musste das Orchester kurzfristig umdisponieren. "Wir hatten jetzt drei Monate Zeit, um komplett umzuplanen und den großen Anteil des Chefdirigenten durch andere Inhalte zu ersetzen. Ich bin der Meinung, dass uns das beachtlich gut gelungen ist", sagt Pont. Einige Konzertprogramme wurden komplett geändert, andere konnten übernommen werden – unter einem anderen Dirigat.
Ich gebe zu, dass ich auf diese kommende Saison mit Stolz blicke.
Esa-Pekka Salonen wird nun bei den Konzerten in Asien am Pult stehen, für die beiden kürzeren Europa-Tourneen konnte das Orchester Zubin Mehta und Jakub Hrůša gewinnen. Jakub Hrůša, derzeit Chefdirigent der Bamberger Symphoniker, wird auch Mahlers 3. Symphonie dirigieren, in München und im Rahmen des Mahlerfests Leipzig. "Auf das Großprojekt hatte sich Jansons sehr gefreut", erinnert sich Pont. "Bei diesem Projekt werden wir wohl an unseren ehemaligen Chefdirigenten am allerstärksten denken."
Demnächst Artist in Residence beim BR-Symphonieorchester: der Pianist Igor Levit | Bildquelle: © Felix Broede Als Artist in Residence hat das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks den Pianisten Igor Levit verpflichtet, derzeit einer der populärsten Künstler Deutschlands. Er wird im Herbst 2020 und im Juli 2021 insgesamt neun Konzerte geben. "Igor Levit ist jemand, der immer wieder über gesellschaftliche Werte spricht, die selbstverständlich sein sollten", so Nikolaus Pont. Er ist gespannt auf den Austausch mit dem Pianisten.
Ich freue mich, dass Igor Levit als Figur des öffentlichen Lebens mit ganz klaren Haltungen nun mit uns assoziiert wird.
Ein Höhepunkt auf dem Programm ist das groß angelegte Klavierkonzert op. 39 von Ferruccio Busoni. Ein Werk, das Igor Levit besonders am Herzen liegt, wie Pont erzählt: "Er wollte es schon an vielen Orten aufführen und bei uns gibt es jetzt die Möglichkeit dazu."
Das komplette Programm – auch zum Download – sowie alle Informationen zu Tickets und Abonnements finden Sie auf der Website des BRSO.
Die Dirigentin Oksana Lyniv wird erstmals das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks dirigieren | Bildquelle: © Oleg Pavlyuchenkiy Auch viele große Dirigentennamen stehen auf dem Programm der Saison 20/21: Simon Rattle leitet ein musica viva-Konzert sowie Gustav Mahlers 9. Symphonie, Daniel Harding steht beim Münchner Open-Air-Event "Klassik am Odeonsplatz" am Pult und Christian Thielemann gibt mit Anton Bruckners 5. Symphonie sein Debut beim Symphonieorchester. Außerdem werden drei erfolgreiche Dirigentinnen beim BR-Symphonieorchester zu Gast sein: Oksana Lyniv, Susanna Mälkki und Mirga Gražinyté-Tyla. "Es gab gewisse Bemerkungen über die Präsenz von Dirigentinnen bei unserem Orchester wie auch bei anderen Orchestern dieser Kategorie", gibt Nikolaus Pont zu. Eine direkte Reaktion auf diese Bemerkungen sei die Einladung von Lyniv, Mälkki und Gražinyté-Tyla aber nicht: "Sie standen ohnehin schon in der Pipeline."
Die Chance ist groß, dass unter den Namen, die in der kommenden Saison präsent sein werden, auch der zukünftige Chefdirigent des BR-Symphonieorchesters sein wird. Wer als Nachfolger Jansons in die engere Auswahl kommt, darüber möchte sich Nikolaus Pont derzeit noch nicht äußern: "Wir sind momentan in einem Prozess, der noch keine stichhaltigen Aussagen erlaubt. Die Abstimmungen dazu finden innerhalb des Orchesters statt und innerhalb der nächsten Wochen und Monate auch in Abstimmung mit potenziellen Kandidaten." Der Orchestermanager wünscht sich aber, dass bis zum Jahresende ein neuer Chefdirigent gefunden ist.
Auch musica viva – die Konzertreihe für zeitgenössische Musik des Bayerischen Rundfunks – stellte das Programm für die neue Saison vor. Im Oktober 2020 feiert die Reihe ihr 75-jähriges Bestehen. Die Jubiläumssaison begeht musica viva mit sechs Orchester-Veranstaltungen mit Werken von 15 Komponistinnen und Komponisten, darunter neue Arbeiten von Ondřej Adámek, Minas Borboudakis, Chaya Czernowin, Heiner Goebbels, Helmut Lachenmann, Liza Lim, Isabel Mundry und Nicolaus Richter de Vroe.
Die gute alte Tante musica viva ist putzmunter und lebendig!
Nicht zuletzt hat auch der Chor des BR sein Programm der kommenden Saison 2020/2021 vorgestellt. Das Repertoire reicht von großer Chorsymphonik über Oper, Alte Musik, Filmmusik und gehobene Unterhaltungsmusik bis zu Interpretationen von Werken der Avantgarde. Alle Informationen zu Programm, Tickets und Abonnements finden Sie auf der Homepage des Chores.
Sendung: "Leporello" am 3. April 2020 ab 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK
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