Die Karriere von Thomas Guggeis ist so jung wie steil: Den Taktstock hat der Niederbayer unter anderem schon an der Staatsoper unter den Linden geschwungen. Daniel Barenboim zählt zu seinen Mentoren. Nun erwartet den 28-Jährigen eine neue Herausforderung: 2023 übernimmt er als Generalmusikdirektor an der Oper Frankfurt. Er löst damit Sebastian Weigle ab, dessen Vertrag nach 15 Jahren ausläuft.
Zum Glück nicht Physik – denken sie jetzt wahrscheinlich in Frankfurt. Schließlich fuhr Thomas Guggeis lange zweigleisig. Studierte nicht nur Dirigieren, sondern vertiefte sich auch in die Geheimnisse der Quantenphysik.
Letztlich gab dann aber doch die Faszination für die Musik den Ausschlag, erzählt Guggeis im Interview mit BR-KLASSIK. "Auch weil es etwas ist, das man in der Gemeinschaft macht – das passiert in der Quantenphysik nicht wirklich, das ist eine eher eigenbrötlerische Sache. In der Musik etwas gemeinsam mit anderen gestalten zu dürfen, die auch Leidenschaft und Begeisterung mitbringen, empfinde ich als wirklich tolle Möglichkeit."
Von einer "schier endlosen Unterstützung" spricht Guggeis mit Blick auf den Stardirigenten. Barenboim habe ihm "alle Facetten des Dirigenten-Daseins" vermittelt. "Er schmeißt einen manchmal ins kalte Wasser", erzählt Guggeis, "überlässt einem schon früh viel Verantwortung. Dadurch lernt man aber auch wahnsinnig viel." Und nicht nur Barenboim, auch die Staatskapelle selbst scheint mit dem niederbayerischen Nachwuchskapellmeister ziemlich glücklich gewesen zu sein. 2020 wurde Guggeis zum "Staatskapellmeister" ernannt – ein Ehrentitel, den das Orchester zum ersten Mal vergab.
Nun folgt also der nächste große Schritt. Der größte in Guggeis' noch junger Karriere. 2023 übernimmt er als Generalmusikdirektor in Frankfurt immerhin eines der deutschlandweit renommiertesten Opernhäuser. Volles Vertrauen bekommt er dabei von Intendant Bernd Loebe, der bei der Vertragsunterzeichnung am Dienstag betonte, trotz seines Alters sei Guggeis "kein Talent mehr, sondern erstaunlich weit in all dem, was ein Dirigent an einer so wichtigen Stelle zu leisten hat."
Guggeis nahm den Stab dankend auf und kündigte an, "innovatives Musiktheater auf höchstem Niveau" machen zu wollen. Neben klassischen Werken von Mozart, Wagner oder Strauss wolle er auch viel zeitgenössisches Musiktheater aufs Programm setzen.
Die Fußstapfen, in die Thomas Guggeis dabei tritt, sind groß. Immerhin wurde Frankfurt jüngst gleich dreimal als Opernhaus des Jahres ausgezeichnet: 2015, 2018 und zuletzt 2020. Der Niederbayer hat nun fünf Jahre, um zu beweisen, dass er auf diesem Niveau mitspielen kann. Eingeschüchtert sei er davon nicht, betont er gegenüber BR-KLASSIK. Er sehe den Erfolg des Hauses eher als Ansporn: "Ich finde es einfach toll, was das Team hier geleistet hat. Und ich bin auch Sebastian [Weigle; A.d.Red.] sehr verbunden. Wir kennen uns lang, ich schätze ihn sehr und wir verstehen uns auch menschlich sehr gut. Also, ich freu' mich darauf, das weiterzuführen, was er hier geleistet hat."
Sendung: "Leporello" am 26. Oktober 2021 ab 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK