Der gebürtige Linzer ist seit vielen Jahren ein weltweit gefeierter Pultstar. Gerade erst hat er die neue "Elektra" bei den Salzburger Festspielen dirigiert und sein autobiografisches Buch veröffentlicht. Zu seinem 60. Geburtstag hat Franz Welser-Möst BR-KLASSIK seine Lieblingsmusik mitgebracht, die eng mit seiner Biografie verknüpft ist.
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Zwischen 1980 und 1984 hat Franz Welser-Möst an der Hochschule für Musik und Theater München bei Gitti Perner Klavier studiert. "Einmal kam ich nach den Sommerferien zurück und hatte mir die Klaviersonate in B-Dur D. 960 zurechtgelegt", erinnert sich der Dirigent an seine Studienzeit. "Als meine Lehrerin das gesehen hat, hat sie einen totalen Schreianfall bekommen, weil ich mich an so einem heiligen Stück vergreife. Das werde ich nie vergessen." Heute überlässt er den Platz auf dem Klavierhocker lieber Leuten wie Radu Lupu, den er menschlich und als Pianisten sehr schätzt: "Wir haben 1990 das erste Mal zusammen gespielt. Ich verdanke ihm sehr viel, besonders was das Verständnis von Musik anbelangt."
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Schubert: Piano Sonata No.21 in B flat, D.960 - 3. Scherzo (Allegro vivace con delicatezza)
"Mein eigentliches Studium während meiner Zeit in München fand im Herkulessaal und in der Staatsoper statt", sagt Welser-Möst. Während seiner Studienjahre an der Musikhochschule war er oft bei Vorstellungen von Richard Strauss' "Rosenkavalier" unter der Leitung von Carlos Kleiber. "Ich bin stundenlang angestanden, um mir eine billige Karte für ganz oben zu kaufen." Auch die Konzerte des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks hat er unzählige Male besucht, bevor er es später selbst dirigieren durfte. "Ich habe oft in den Proben von Sergio Celibidache gesessen, die Interaktion zwischen Dirigent und Orchester beobachtet – und in dieser Zeit sehr viel über das Dirigieren gelernt. Besonders, wie wichtig dabei Psychologie ist."
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Der Rosenkavalier- Strauss - Final Scene
Nachdem Franz Welser-Möst die Wiener Philharmoniker als Chef verlassen hat, wechselte er nicht nur das Orchester, sondern auch den Kontinent: Seit fast zwanzig Jahren ist er nun schon Chefdirigent des Cleveland Orchestra. "In jeder Metropole auf der Welt spielen immer auch Politik und Intrigen eine große Rolle. In Cleveland ist das nicht der Fall", erklärt Welser-Möst den Unterschied und bringt es auf den Punkt: "Hier kommt nur her, wer auf höchstem Niveau Musik machen will. Nicht mehr, und nicht weniger." Das Orchester sei besser auf die gemeinsamen Proben vorbereitet als jedes andere Orchester, mit dem er je gespielt habe. Und auch die Entscheidungsfreiheit, die er als Chefdirigent hat, ist bemerkenswert: "Ich suche alle Musiker und Musikerinnen für das Orchester selber aus. Es gibt nur ein kleines, beratendes Gremium – letztlich entscheide aber ich. Das ist eine riesige Verantwortung." Inzwischen ist etwa die Hälfte aller Musiker und Musikerinnen im Orchester von ihm ausgewählt worden. Mit so viel Gestaltungsmöglichkeit fühlt sich der österreichische Dirigent sehr wohl und hat deshalb seinen Vertrag vorzeitig verlängert – bis 2027. Auf der letzten gemeinsamen CD-Veröffentlichung vom Juni 2020, spielt Franz Welser-Möst mit dem Cleveland Orchestra unter anderem eine Bearbeitung von Beethovens Streichquartett Nr. 15.
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String Quartet No. 15 in A Minor, Op. 132: V. Finale: Allegro appassionato - Presto (Performed...
Auch wenn er im Mittleren Westen der USA nicht allzu viele Möglichkeiten hat: Franz Welser-Möst ist ein leidenschaftlicher Bergsteiger. Wenn er in seiner Heimat zu Besuch ist oder auf Reisen, geht er gerne in die Berge. "Der Aufstieg ist mir dabei am Liebsten. Ich entdecke gern neue Dinge und mag es, sie mir zu erarbeiten", sagt Welser-Möst. Um der Natur möglichst nah zu sein, stellt er sich den Wecker sehr früh: "Ich stehe gern um vier Uhr auf. Das macht mir nichts aus. Denn ich liebe es, beim Sonnenaufgang loszugehen. Dann hat man noch die Chance, seltene Vogelarten zu sehen, die sich später gar nicht mehr zeigen." Für den Dirigenten ist das ein wichtiger Ausgleich zum Stress und Druck seines Lebens am Pult: "Dieser enge Austausch mit der Natur, den man beim Aufstieg hat, ist etwas unglaublich Erfüllendes."
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Eine Alpensinfonie, Op. 64, TrV 233: Auf der Alm (Mässig schnell)
Sendung: "Meine Musik" am 15. August 2020 ab 11:05 Uhr auf BR-KLASSIK