Ab Montag dürfen die Theater und Konzertbühnen in Bayern wieder öffnen. Die neuen Programme zeigen jede Menge kreative Konzepte – aber wegen der Corona-Pandemie lange noch keine Normalität.
"Einmal König sein", "Kunstrasen", "Fester Samstag". Schon die Titel der kommenden Veranstaltungen an den bayerischen Theatern sagen: Normalität sieht anders aus. Das magische Datum ist der 15. Juni: Ab diesem Tag sind kulturelle Veranstaltungen in Bayern wieder erlaubt. Theater und Kinos dürfen wieder öffnen, auch Konzerte darf es wieder geben. So hat es die bayerische Staatsregierung Ende Mai entschieden – unter strengen Auflagen wegen der Corona-Pandemie.
Kurz vor der Öffnung präsentierten die Häuser ihre Pläne. Klar ist: Große Opern oder Schauspiele mit Komparsenmassen wird es nicht geben. Denn die Abstandsregeln bleiben bestehen, unter den Künstlern und im Publikum (worauf das Publikum achten muss, lesen Sie hier). Zudem sind bei Aufführungen in geschlossenen Räumen nur fünfzig, im Freien hundert Gäste erlaubt.
Direkt am 15. Juni geht es schon am Theater Regensburg los mit einem Titel, wie er für alle Theater gelten könnte: "Wir laden wieder Gäste ein!", frei nach Strauss' "Fledermaus". Mit dem Operettenabend eröffnet das Theater seine Freilichtbühne Thon-Dittmer-Palais am Haidplatz. Bis zum 19. Juli wird hier unter freiem Himmel gespielt, außer Operetten gibt es szenische Lesungen, Kammer- und Kinderkonzerte und auch Schauspiel.
Auch am Staatstheater Augsburg geht der Betrieb schon am 15. Juni wieder los – mit überraschend viel Normalität: Unter dem Titel "Formenspiele" geben der Geiger Linus Roth und die Augsburger Philharmoniker im Kongress am Park mehrere Sinfoniekonzerte, Mendelssohns e-Moll Konzert und Beethovens vierte Sinfonie stehen auf dem Programm. Sonst setzt auch Augsburg auf Open Air: Ab dem 27.6. läuft die Musical-Gala "The Show Must Go On!" auf der Freilichtbühne am Roten Tor, ab 18.6. das Sommertheater im martini-Park.
Freiluftformate sind für viele Theater gerade eine Möglichkeit, mit den Corona-bedingten Beschränkungen umzugehen: So arbeitet zum Beispiel auch das Theater an der Rott an einer Veranstaltungsreihe im Innenhof des Theaters, das Landestheater Niederbayern will im Juli kleinere Open-Air-Formate anbieten.
Diese ungewohnte Perspektive bietet auch die Staatsoper München. Mit Blick ins Nationaltheater laufen hier die beiden Konzepte "Fester Samstag" und "Freier Sonntag". "Fest" ist der Samstag deshalb, weil hier die fest mit dem Haus verbundenen Künstlerinnen und Künstler aus Staatsorchester, Staatsballett und Opernensemble auftreten. Entsprechend gehört der Sonntag der freien Szene, die von der Schließung der Theater besonders betroffen ist. Beide Konzepte laufen dank einer Sondergenehmigung seit dem 6. Juni, also vor der offiziellen Wiedereröffnung der Theater, die bereits begonnene Kammerkonzertreihe "Streifzüge am Mittwoch" gibt es noch bis Ende Juni.
Auch das Residenztheater hat ein Konzept entwickelt, dass schon vor dem 15. Juni gespielt werden kann: Bei "Ein Theaterparcours" durchlaufen zwei Gruppen aus vier Personen sechs Stationen im Theater und treffen dort auf Miniaturszenen von Schauspielerinnen und Schauspielern.
Solche besonderen Konzepte können nicht alle Theater umsetzen. Der Münchner Staatsopern-Intendant Nikolaus Bachler sagt: "Wir sehen uns in der Verantwortung, als Vorbild für kleinere Institutionen verschiedene Konzepte zu erproben, Erfahrungen zu sammeln und weiterzugeben". Wie auch kleinere Häuser mit den Bestimmungen umgehen können, zeigt etwa das Theater Hof: Dort wird der Johnny-Cash-Abend statt im kleinen Theater-Studio im Großen Haus gegeben, bei "Dinner bei Tiffany“ wird für 24 Gäste gespielt, gesungen und gekocht und am Sonntagnachmittag können für Kinderprogramme Sofas gebucht werden, die bis zu vier Personen aus einem Haushalt Platz bieten. "Wir möchten uns vor der Sommerpause noch einmal zurückmelden und uns für die Geduld und Treue unserer Zuschauer und Zuschauerinnen revanchieren", so Intendant Reinhardt Friese.
Die Ankündigung der bayerischen Staatsregierung kam für viele Theater überraschend. Nicht für alle ist es sinnvoll oder möglich, ab dem 15. Juni wieder zu öffnen. Am Stadttheater Fürth etwa werden in dieser Saison keine Veranstaltungen mehr stattfinden, Gastspiele wurden verschoben oder abgesagt, Premieren waren keine geplant. Die Fürther Classic Night ist als Großveranstaltung nicht möglich. "Mit den momentan bestehenden Abstands- und Hygieneregeln ist die Wiederaufnahme des Spielbetriebs in den Theater- und Konzerthäusern extrem schwierig", sagt Pressesprecher Christof Goger. Oder wie der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) sagte: "Für fünfzig Personen brauche ich unser Fürther Stadttheater mit 700 Plätzen nicht aufzusperren."
Wenn auch die Theater wieder öffnen: Die digitalen Kanäle werden wahrscheinlich auch in Zukunft wichtiger sein, als sie es vor der Corona-Pandemie waren. Wie die YouTube-Reihe des Stadttheater Ambergs sagt: "Trotzdem!"
Sendung: Allegro am 8. Juni 2020 ab 06.05 Uhr