Wer in Bayern nach gelebter jüdischer Kultur sucht, der muss schon sehr genau hinschauen, denn das Angebot ist nicht besonders groß. Das Orchester Jakobsplatz München ist eine Insel in dieser Kulturlandschaft. Im Juni 2015 feierte es seinen Geburtstag mit Mozarts "Betulia Liberata".
Bildquelle: Robert Brembeck
"Ich bin in München aufgewachsen, in einer jüdischen Familie. Und mich hat immer wahnsinnig gestört, dass das Judentum speziell in München, aber auch in ganz Deutschland im Hinterhof stattfindet. Ich wollte immer ein Orchester-Projekt starten, bei dem man eben aus dem Hinterhof rauskommt und die Stadt geht, um jüdische Kultur erlebbar zu machen." Daniel Grossmann, Dirigent, Gründer und künstlerischer Leiter des OJM
Vor zehn Jahren wurde diese Idee greifbar - Daniel Grossmann gründete das Orchester Jakobsplatz München: Ein bunt zusammengewürfelter Haufen aus jüdischen und nicht-jüdischen Musikern aus über 20 Ländern.
Charlotte Walterspiel ist Bratschistin und spielt seit sechs Jahren im Orchester Jakobsplatz. Sie schätzt daran besonders den familiären Zusammenhalt unter den Musikern: "Das ist einfach eine sehr enge Gemeinschaft und viele von uns kommen inzwischen auch schon von weiter. Also zum Beispiel unsere Flötistin kommt aus London, weil sie sich einfach zu dieser Familie zugehörig fühlt. Und das finde ich einfach ein faszinierendes Konzept, das aufgegangen ist. Wir haben einen Wert geschaffen. Eine Kultur des Zusammenspielens, die uns allen sehr viel bedeutet."
Gemeinsame Tourneen stärken die musikalischen Familienbande ganz besonders. Mit Werken von Mendelssohn bis Schönberg im Gepäck reiste das Orchester schon durch die USA, Moldawien und natürlich Israel - alles in Eigenregie. Mit einem kleinen Team große Konzepte umsetzen - das reizt Daniel Grossmann. Manchmal bereitet es ihm aber auch noch nach zehn Jahren Kopfzerbrechen: "Das kostet natürlich viel Nerven und das kostet natürlich auch sehr viel mehr Anstrengung, als wenn ich zu irgendeinem Orchester komme, dort einfach zwei Beethoven-Sinfonien dirigiere und nach zwei Tagen wieder verschwinde. Aber ich finde auf der anderen Seite, dass es mir persönlich mehr Erfüllung gibt, weil ich das Gefühl habe: Ich weiß, warum ich es tue. Und ich erkenne in jedem Konzert ein Konzept, dass sich zu einem großen Ganzen fügt. Für mich ist das künstlerisch extrem wichtig."
14. Juni 2015, 19.30 Uhr
Reithalle, München
Wolfgang Amadeus Mozart
"Betulia Liberata" KV 118
Solisten des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper:
Elsa Benoit, Rachael Wilson, Petr Nekoranec, Leonard Bernad, Evgeniya Sotnikova
Kammerchor der Universität Augsburg
Bibiana Beglau, Sprecherin
Daniel Grossmann, Dirigent