"Così fan tutte" als zeitlose Komödie. Das war wohl die Grundidee von Regisseur Olivier Tambosi. Der Bühnenraum ist eingefasst von nackten, weiß gefliesten Wänden. Ein neutrales, abstraktes Setting für den menschlichen Versuchsaufbau.
Schwarz-weiß dominiert, nur die beiden Damen Fiordiligi und Dorabella tragen knallrot. Die Figuren stecken in stilisierten Kostümen, mit Modezitaten aus verschiedenen Jahrhunderten. Eine Geschichte also, die sich heute genauso wie vor 100 oder 200 Jahren abspielen könnte. So tritt das Damenduo mal im Rokoko-Kostüm auf, dann hochhackig im Hosenanzug, und zum Finale gar im verzopften Prinzessinnen-Ballkleid mit Strass und Tüll. Und damit war's das auch mit der Zeitlosigkeit dieser neuen "Così"-Version am Gärtnerplatztheater. Denn tatsächlich ist das ganze vor allem eines: angestaubt. Die Personenregie kommt schon zu Beginn daher wie vor 50 Jahren. Eins zu eins wird brav jedes Wort des Librettos umgesetzt bis zur Klamaukhaftigkeit. Die Damen dürfen sich verschämt zieren und übertrieben in Ohnmacht fallen, die Herren stolz gockeln.
Die Sänger retten sich mit viel Spielfreude. Besonders Mária Celeng als handfeste Despina sticht heraus mit ausgeprägtem Sinn auch fürs musikalische Detail. So engagiert das Ensemble auch dabei ist: Über die drei Stunden hinweg ist diese "Così fan tutte" eindeutig zu simpel. Selbst für diejenigen im Publikum, die das Stück zum ersten Mal sehen. Und nicht nur für die dürfte es ziemlich verwirrend sein, dass die Männer und Frauen jeweils in Kostüm und Aufmachung geradezu identisch aussehen.
Wenn am Ende Fiordiligi sich also von Ferrando trennt und wieder zu Guglielmo zurückkehrt, der ihm zum Verwechseln ähnlich sieht, dann ist das im Grunde einerlei. Jedenfalls hat der Seitensprung keine weiteren Folgen fürs programmierte Happy End. Und dazu darf der Chor buntes Konfetti in die Luft werfen. Klar, man muss "Così fan tutte" nicht immer als eine bitterböse Parabel über Untreue und die Verlogenheit der Liebe inszenieren. Doch wenn man diese Oper schon als lupenreine Komödie versteht, dann sollte das Ganze nicht gar so harmlos durchlaufen. Denn die Musik erzählt eine andere, doppelbödige Geschichte.
Diese wird vom Gärtnerplatz-Orchester durchaus überzeugend wiedergegeben. Zwischendurch geht ihm zwar öfter mal die Puste aus für die anspruchsvolle Partitur, da verliert das Ganze seinen Biss. Doch dann wieder gelingen dem Dirigenten Michael Brandstätter und seinem Orchester tolle zupackende Momente. Sängerisch ist diese Produktion durchweg mehr als ordentlich. Und geradezu herausragend ist neben der Despina vor allem der Guglielmo: Der junge André Schuen singt das so sinnlich und selbstverständlich, als ob er die Partie seit Jahrzehnten im Blut hätte. "Così fan tutte" ist und bleibt ein schwieriges Stück, das zeigt auch diese Neuproduktion. Doch zumindest musikalisch hat sich das Gärtnerplatztheater hier nicht verhoben.