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Filmkomponist mit Kultstatus Der Raumpatrouillen-Sound - Peter Thomas wird 90

"Derrick", "Der Alte", oder "Raumpatrouille Orion": Der Komponist Peter Thomas hat unzählige Musiken für Film- und Fernsehen geschrieben. Am 1. Dezember feierte er seinen 90. Geburtstag. Über den typischen Peter Thomas-Sound, Diebstahl von Kollegen und seine Erfahrungen mit George Clooney oder Quentin Tarantino spricht er im Interview mit BR-KLASSIK.

Peter Thomas  | Bildquelle: rossi photography / stolenmoments.de

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Bild: rossiphotography / stolenmoments.de

BR-KLASSIK: Herr Thomas, 90 Jahre und immer noch musikalisch aktiv – was war denn Ihr letztes Filmprojekt?

Peter Thomas: Das letzte Projekt, das mit Film zu tun hatte, das war ein Konzert im September, da ging es um die „Raumpatrouille“. Diese Serie hat sich ja bis heute gehalten. Und die wurde in Zürich beim Filmfestival aufgeführt. Meine Musik wurde synchron dazugespielt, mit einem 70 Mann starken Orchester. Ein Höhepunkt dieses Festivals.

BR-KLASSIK: Sie haben ja insgesamt über tausend Titel geschrieben, und hunderte davon fürs Fernsehen, auch für Serien.  Da waren wirkliche „Straßenfeger“ dabei, zum Beispiel „Derrick“ oder „Der Alte“. Wenn Sie zurückschauen: Was davon ist Ihr persönlicher Favorit?

Thomas: Für den Bayerischen Rundfunk, der mich allerdings nie so richtig wahrnahm, habe ich einmal einen Film namens „Herrenhaus“ gemacht. Der ist auch als DVD erschienen. Das sind Musiken, die mich wahnsinnig ästimiert (begeistert, Anm. der Red.) haben. Also mit großem Orchester, und dann live spielen während des Drehs.  Das ginge heute gar nicht mehr. Heute muss alles nachbearbeitet sein. Meine Leidenschaft ist das große Orchester.

BR-KLASSIK: Der  typische Peter Thomas-Sound steht auch für etwas, was über das reine Orchester hinaus geht. Sie haben schon sehr früh Synthesizer und andere elektronische Instrumente eingesetzt. Woher kommt diese Offenheit?

Thomas: Als der Krieg zu Ende ging, habe ich angefangen, mich ausgiebig mit Musik zu beschäftigen, ich habe auch studiert. Und ich fand, dass bei den Orchestern irgendetwas fehlt. Bei meinen ersten Aufträgen fürs Radio habe ich dann angefangen, in ein Streich- oder Kammerorchester hemmungslos einen elektrischen Bass mit einzubringen. Dazu habe ich noch ein Schlagzeug genommen, oder auch zwei. Ich spielte in amerikanischen, englischen und französischen Clubs, und da merkte ich, dass die Kameraden, die uns besiegt haben, Swingmusik spielten, und überhaupt eine andere Auffassung von Musik hatten. Unbewusst habe ich dann versucht, das mit reinzunehmen. Ich fing an einen neuartigen Sound zu machen.

Quentin Tarantino sagte: Ich habe hier fünf Titel - sind die von Ihnen?

BR-KLASSIK: Trotz ihrer 90 Jahre zählen Sie heute nicht zu den „Oldies“. Ihre Musik wird gesampelt, remixed, gecovert. Wie stehen Sie dazu?

Peter Thomas mit George Nader | Bildquelle: Bavaria Film Peter Thomas (am Klavier) mit dem Schauspieler George Nader | Bildquelle: Bavaria Film Thomas: Wenn man mich fragt, finde ich das toll! Die britische Band „Pulp“ waren die ersten, die bei mir angefragt haben, ob sie Musik von mir benutzen können (für den Song „This Is Hardcore“, Anm. der Redaktion). Ich habe gesagt: ja, warum nicht? Ein Hammer: die spielen das, und haben auch wieder dazu Filme gedreht… Das sind edle Briten. Die Mehrzahl aber klaut und sagt: Wir tun dir etwas Gutes! Zum Beispiel die Hip-Hopper von „Public Enemy“. Die haben hemmungslos ein paar Takte aus meiner Musik zum Kinofilm „Erinnerungen an die Zukunft“ von Erich von Däniken genommen. Da wehre ich mich mittlerweile seit zwei Jahren dagegen. Das ist sicher Diebstahl.

BR-KLASSIK: Ihre Musik taucht auch in sehr aktuellen Filmen auf, wie zum Beispiel in George Clooneys „Confessions of a dangerous mind“. Ehrt Sie so etwas?

Thomas: Ja sehr. Auch deswegen, weil er gefragt hat. Oder auch Quentin Taratino. Er sagte etwa: „Ich habe hier fünf Titel: Sind die von Ihnen?“ Er hat mir alle angespielt und ich sagte: „Ja, alle von mir.“ Er sagte: „Die finde ich so toll, die möchte ich nehmen!“ Und zwar gar nicht irgendwie dafür arrangiert, sondern so wie sie sind.

Peter Thomas

Peter Thomas wurde am 1. Dezember 1925 in Breslau geboren, übersiedelte aber mit seinen Eltern aber schon während seiner Kindheit nach Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er als Barpianist in allen vier Sektoren der Stadt – eine Tätigkeit, die ihm verschiedenste Musikstile nahe brachte und ihn entscheidend prägte. Während seines Studiums interessierte ihn die klassische Musik ebenso wie die Hits der amerikanischen Unterhaltungsmusik, die er über den Soldatensender AFN kennen lernte.
Nach dem Studium arbeitete Thomas als Arrangeur für verschiedene deutsche Rundfunkanstalten, von wo es ihn bald zum Fernsehen zog. In der Folge schrieb er Musik für unzählige Filme und Serien, vor allem für Krimis von Francis Durbridge und diverse Folgen der Edgar-Wallace-Reihe. Seinen größten Erfolg aber erntete er mit dem Soundtrack zur Science-Fiction-Serie "Raumpatrouille ", die bis heute Kultstatus genießt. Die einzigartige Mischung aus Jazz, Klassik, Beat und avantgardistischen Klängen wurde zu einem Markenzeichen für Thomas. So schrieb er auch Songs für Stars wie Harald Juhnke, Senta Berger, Abi und Esther Ofarim, Zarah Leander, Heinz Erhardt, Vico Torriani und Donna Summer. Bis 1999 schrieb Thomas für die Leinwand; seine unverwechselbare Klangsprache beeinflusst aber bis heute Musiker aus aller Welt. Seit 2007 gibt es das Peter-Thomas-Archiv, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, sämtliche Filme, Texter und Tonträger, die Musik von Thomas enthalten bzw. sich mit ihm beschäftigen, zu sammeln und zu katalogisieren.

Das Interview zum Nachhören

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