BR-KLASSIK

Die hier auf CD der "musica viva" dokumentierte Uraufführung von Johannes Kalitzkes Werk "Zeitkapsel" sowie die Live-Aufnahme von Luc Ferraris "Histoire du Plaisir et de la Désolation" vereint zwei faszinierende und unterschiedliche Klangwelten, die das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Johannes Kalitzke kontrastreich entfaltet.

Am 10. November 2023 präsentierte sich Johannes Kalitzke im Herkulessaal der Münchner Residenz in einer Doppelrolle als Dirigent und Komponist („das eine macht Lust aufs andere“): mit der Uraufführung seiner Zeitkapsel, einem Totentanz für großes Orchester, der im Auftrag der musica viva entstand, sowie mit Luc Ferraris Histoire du Plaisir et de la Désolation, einer klanglichen Suche nach „neuer Sinnlichkeit“. – Auf der vorliegenden musica viva-CD sind die beiden Kompositionen als Live-Mitschnitt des musica viva-Konzerts zu erleben.

Johannes Kalitzke (*1959) ist ein renommierter deutscher Dirigent und Komponist. Zeitkapsel – Totentanz für großes Orchester ist 2022–2023 als Kompositionsauftrag der musica viva des Bayerischen Rundfunks entstanden. Die auf der vorliegenden CD dokumentierte Uraufführung fand am 10. November 2023 in München statt. Die Klangregie lag in Händen von Sebastian Schottke. Stellvertretend für Zeitkapseln im materiellen Sinne stehen im Orchesterstück musikalische Fundstücke aus unterschiedlichen Zeiten und Kulturen, die spät wiederentdeckt wurden und den klanglichen Kontext des Stückes prägen, allem voran die erste akustische Aufnahme in der Geschichte überhaupt: eine Aufzeichnung von Schallwellen auf Wachspapier von 1860. Fragmente davon erklingen am Ende des Stückes, wie eine Enthüllung. 

Die Histoire du Plaisir et de la Désolation für Orchester von Luc Ferrari (1929–2005) entstand 1979–1981 im Auftrag von Radio France für das Orchestre National de France und erlebte seine Uraufführung 1982 in Paris durch diesen Klangkörper unter Leitung von Michael Luig. Orchestermusik ist nicht unbedingt das, was man mit dem Namen Luc Ferrari verbindet. Der jung verstorbene Komponist wurde vor allem als Exponent der Musique concrète bekannt, der im Umgang mit der Tonbandtechnik neue kreative Wege aufzeigte. Seine klangliche Suche führt vom verheißungsvollen Kopfsatz Harmonie du diable über die Zweischneidigkeit des Vergnügens (Plaisir-Désir), um im finalen Ronde de la désolation mit dem „Bruch aller Logik“ fulminant zu scheitern.