BR-KLASSIK
Das CD-Label des Bayerischen Rundfunks
Die neue Hörbiografie von Jörg Handstein widmet sich einem der wohl spannendsten Komponistenleben des 20. Jahrhunderts und wird nun bei BR-KLASSIK auf 4 CDs veröffentlicht. Mit Udo Wachtveitl als Erzähler und Ulrich Matthes als Schostakowitsch. Auf CD 4 ist eine Aufnahme der 5. Symphonie von Schostakowitsch mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Mariss Jansons von 2014 zu hören.
Bildquelle: BR
Die erfolgreiche Reihe der BR-KLASSIK-Hörbiografien widmet sich erstmals einem Komponisten des 20. Jahrhunderts: Dmitri Schostakowitsch. Sein Leben und Schaffen, unlösbar verknüpft mit der Geschichte der Sowjetunion, stehen exemplarisch für das Problem des Künstlers in einem totalitären Staat: Was tun, wenn man nicht mehr der inneren Stimme folgen kann? Welche Rolle spielen, wenn um einen herum der ideologische Wahn tobt?
Schostakowitsch eignet sich nicht für die klassische Heldenrolle – und genau das macht ihn interessant für heutige Romanautoren: Julian Barns (Der Lärm der Zeit) und auch William T. Vollmann in seinem Weltkriegs-Epos Europe Central haben dem Komponisten literarische Weihen gegeben. Natürlich ist auch die musikwissenschaftliche Forschung sehr aktiv, bahnbrechend etwa die Arbeiten von Bernd Feuchtner (Und Kunst geknebelt von der groben Macht) und Michael Koball (Pathos und Groteske). Eine wirklich umfassende und aktuelle Biografie, die Leben und Musik gleichermaßen beleuchtet, steht aber derzeit noch aus.
Unsere Hörbiografie kann ein solches Buch nicht ersetzen. Doch sie kann (gelesen von Udo Wachtveitl) Schostakowitschs Lebensgeschichte so einfühlsam und detailliert erzählen, wie es gerade dieses Medium erlaubt. Vielstimmig, nah am Geschehen und streng nach den Quellen. Die 1979 von Solomon Wolkow herausgegebenen Memoiren des Dmitri Schostakowitsch dürfen nach heutigem Stand als weitgehend authentisch gelten. Daraus wird aber eher sparsam und vorsichtig zitiert. Bevorzugt werden Briefe und von verlässlichen Zeugen überlieferte Aussagen, die über die Memoiren hinaus überraschende Details preisgeben.
Schostakowitsch (gelesen von Ulrich Matthes) hat viel erlebt: Revolution, Bürgerkrieg, politischen Terror, Weltkrieg, Kalten Krieg usw. Und er war vieles: Freches Genie, gefeierter Opernkomponist, verfemter „Volksfeind“, musikalischer Kriegsheld, privilegierter Spitzenfunktionär und einsamer Künstler. Er hatte Angst und Mut, passte sich an und sagte – in seiner Musik – die Wahrheit. Das „doppelte Spiel“, zu dem er gezwungen war, lässt sich mittels Hörbiografie besonders gut nachvollziehen: versteckte Chiffren und Anspielungen werden durchsichtig, es erklingen Propagandastücke für Stalin ebenso wie die geheime Musik, mit der ihn Schostakowitsch verhöhnt. Rund 160 Musikbeispiele zeigen über die bekannten Werke hinaus die ganze Vielschichtigkeit dieses Schaffens, das nahezu den Soundtrack einer ganzen Epoche bildet.
So entrollen, auf gut 4 Stunden, die 10 thematisch fokussierten Kapitel ein großes historisches Panorama. Vor diesem Hintergrund erweist sich Schostakowitschs Leben als vielleicht spannendste Komponistenbiografie des 20. Jahrhunderts.
Dmitri Schostakowitsch 1906 - 1975
DOPPELTES SPIEL
Ein Hörbiografie von Jörg Handstein
CD 1
1. Kapitel: Roter Oktober (1917 – 1925)
2. Kapitel: Die wilden Zwanziger (1925 – 1930)
3. Kapitel: Das goldene Zeitalter (1930 – 1933)
CD 2
4. Kapitel: Stalin geht in die Oper (1934 – 1937)
5. Kapitel: Frieden und Krieg (1938 – 1943)
6. Kapitel: Volksfeindliche Tendenzen (1944 – 1951)
CD 3
7. Kapitel: Die Fratze Stalins (1952 – 1958)
8. Kapitel: Tauwetter (1957 – 1962)
9. Kapitel: Held der sozialistischen Arbeit (1962 – 1969)
CD 4
10. Kapitel: Der Lauf der Zeit (1970 – 1975)
Symphonie Nr. 5 d-Moll, op. 47
Live-Aufnahme: München, Philharmonie im Gasteig, 30.04.–02.05.2014
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Mariss Jansons, Dirigent
ERZÄHLER Udo Wachtveitl
DMITRI SCHOSTAKOWITSCH Ulrich Matthes
ZITATE Thomas Birnstiel, Robert Dölle, Constanze Fennel, Beate Himmelstoß, Shenja Lacher, Hans-Jürgen Stockerl
Musikbeispiele mit Vladimir Ashkenazy, Riccardo Chailly, Dietrich Fischer-Dieskau, Valery Gergiev, Hilary Hahn, Bernard Haitink, Neeme Järvi, Mariss Jansons, Mandelring Quartett, Andris Nelsons, Simon Rattle, Mstislaw Rostropowitsch, Heinrich Schiff, Maxim Schostakowitsch, Júlia Várady, Galina Wischnewskaja u. a.
Jörg Handstein (Autor)
Bernhard Neuhoff (Redaktion und Regie)
BR-KLASSIK 900929
4CDs
Erhältlich im Handel und im BRshop