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Mittagsmusik extra
Deutsche Volkslieder - Heidenröslein
Es gibt nicht eine, sondern zwei volkstümlich gewordene Vertonungen, die aber oft miteinander verwechselt werden, weil sie sehr ähnlich klingen. Die eine Vertonung ist von Franz Schubert (1815), die zweite von dem Braunschweiger Kleinmeister Heinrich Werner (1829).
Der Text stammt von Johann Wolfgang von Goethe. Aber: Goethe hat hier ein wenig "geklaut". Und zwar bei dem alten Volkslied "Sie gleicht wohl einem Rosenstock" (Leipzig, 1545). Goethe hat daraus vor allem die Idee der letzten Textzeile übernommen, die in jeder Strophe gleichlautend wiederkehrt, die Zeile vom "Röslein auf der Heiden". Und den Reim auf "leiden", den finden wir auch schon in dem Lied.
Goethes Freund Johann Gottfried Herder, die Kapazität damals auf dem Gebiet des Volkslieds, hat das "Heidenröslein" für ein unverfängliches Kinderliedchen gehalten. Dabei hat er übersehen, dass das "Brechen einer Rose" in der Liebeslyrik seit Jahrhunderten ein Symbol war für den Verlust der Unschuld eines Mädchens ("Edler Herr, ich rat's euch nicht, die Rosen stehn hoch, ihr brecht sie nicht."). Goethe jedoch hat wohl durchaus um diese Nebenbedeutung gewusst. Er schrieb das Gedicht 1771 als junger Mann im Elsass, während seiner Liebesbeziehung zur Sessenheimer Pfarrerstochter Friederike Brion. Die mochte manche Dinge offenbar "nicht leiden", und in diesem Zusammenhang kann man das "Heidenröslein" durchaus als unverhohlene Vergewaltigungsandrohung eines ungeduldigen Liebhabers sehen, der endlich zum Ziel kommen möchte.
Das Manuskript zur Sendung