Auch 50 Jahre nach seinem frühen Tod ist die Popularität von Fritz Wunderlich ungebrochen. Der lyrische Tenor, der sowohl in Oper wie Operette, Lied und Unterhaltungsmusik glänzte, ist in den Herzen seiner Fans so präsent wie eh und je.
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Eine unfassbare Menge an Aufnahmen hat Wunderlich in seiner gerade mal 10 Jahre dauernden Karriere hinterlassen. Viele davon sind bis heute unübertroffen und eine inspirierende Referenz für die nachfolgenden Sängergenerationen.
Fast alles, was der unvergessene Tenor je vor Mikrofonen gesungen hat, kann heute nachgehört werden: von den Schnulzenliedern beim Südfunk Freiburg, mit denen er sich ein paar Mark für sein Studium dazu verdiente, über private Probenmitschnitte bis zu den legendären Schallplatteneinspielungen mit den größten Dirigenten, Orchestern und Sängerkollegen seiner Zeit.
Es stand für mich eigentlich immer fest, dass ich auf irgendeine Art Musik machen würde im Leben, nur wusste ich eben nicht, dass ich singen würde.
Entscheidenden Einfluss hat der bekannte Musikwissenschaftler Joseph Müller-Blattau. Als Kriegsheimkehrer kommt er 1946 nach Kusel, um an der Pädagogischen Akademie Musikunterricht zu erteilen. Darüber hinaus initiiert er ein reges Musik- und Theaterleben in der pfälzischen Stadt. Mit der Theatergruppe des Kulturrings steht Fritz Wunderlich zum ersten Mal auf der Bühne. Sein stimmliches Potential wird schnell erkannt. Es gibt die ersten kleinen Gagen - ein Segen in schweren Zeiten! Nachts tritt Fritz in amerikanischen Offiziersclubs der Nachbargemeinde Baumholder auf.
Fritz Wunderlich am Akkordeon der von ihm gegründeten Tanzkapelle "Hutmacher" | Bildquelle: Fritz-Wunderlich-Gesellschaft
Er gründet auch eine eigene Band: "Die Hutmacher". Vor allem bei Feierlichkeiten am Wochenende spielt man zum Tanz auf und präsentiert die neusten amerikanischen Schlager. Wunderlich agiert hier als Trompeter, als Akkordeonist und als Sänger.
Viel Zeit für die Schule bleibt nicht. Auf Empfehlung erhält er Gesangsunterricht bei Käthe Bittel-Valckenberg. Einmal die Woche radelt er dafür von Kusel nach Kaiserslautern – hin und zurück gut 40 Kilometer. Die Stunde kostet eine Mark fünfzig, ein paar Eier, Wurst und Butterbrote.
Am 26. September 1930 wurde ich in Kusel als Sohn des Kapellmeisters Paul Wunderlich und seiner Ehefrau Musiklehrerin Anna Wunderlich geboren. Als ich fünf Jahre alt war, verlor ich meinen Vater. Nachdem ich vier Klassen Volksschule hinter mir hatte, trat ich in die Oberschule Kusel ein, wo ich sieben Klassen absolvierte, dann aber infolge finanzieller Schwierigkeiten das Studium abbrechen musste. Früh schon musste ich anfangen, die von meinen Eltern übernommene musikalische Begabung zum Broterwerb zu benutzen, indem ich auf Tanzmusiken spielte; meine jetzt 62-jährige Mutter und ich waren auf diesen Verdienst angewiesen. Herr Prof. Dr. Joseph Müller-Blatter in Kusel erkannte als Erster meine stimmliche Begabung und schickte mich nach Kaiserslautern zu Frau K.B. Valckenberg, wo ich meine erste einjährige Ausbildung erfuhr. Auf Tanzmusiken habe ich Akkordeon und Waldhorn gespielt. Auch im Orchester habe ich mir eine gewisse Routine angeeignet. Im Orchester der Stadt Kusel habe ich nur Waldhorn gespielt.
Hochachtungsvoll
Fritz Wunderlich
Die Oper "Die Verlobung von San Domingo" wird im Eröffnungsprogramm des wiederaufgebauten Nationaltheaters in München am 27.11.1963 uraufgeführt. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Im Gepäck für die Aufnahmeprüfung hat Wunderlich zwei Schubert-Lieder und ein Gutachten von Joseph Müller-Blattau, in dem es heißt: "Der Musiker Fritz Wunderlich verfügt über eine Naturstimme von gutem Sitz und natürlichem Schmelz, ferner über eine ungewöhnliche musikalische Begabung. (…) Es kann jetzt schon gesagt werden, dass Fritz Wunderlich nach abgeschlossener Ausbildung eine große Zukunft als Sänger hat."
Das Vorsingen besteht Wunderlich mit Bravour und Margarethe von Winterfeldt nimmt ihn sofort in ihre Meisterklasse auf. Fast fünf Jahre lang studiert Wunderlich in Freiburg. Als zweites Hauptfach wählt er das Horn, Klavier belegt er als Nebenfach.
Zum Wintersemester 1950/51 kam ich nach Freiburg, um auf Anraten von Herrn Professor Dr. Müller-Blattau Gesang zu studieren. Damals war es für mich nicht leicht, dieses Studium zu beginnen, von dem ich nicht einmal wusste, ob es mir das heiß ersehnte Ziel, Sänger zu werden, bringen würde. Wirtschaftliche Schwierigkeiten stellten mich häufig vor unlösbar scheinende Probleme. Gesundheitsschäden, bedingt durch die nächtelangen Tanzmusiken, die mir meinen Lebensunterhalt einbrachten, stellten sich ein. Oft war ich fest entschlossen, diesen mir sinnlos erscheinenden Kampf aufzugeben. Dass ich dieses nicht tun musste, dass ich aus allen diesen tiefen Depressionen immer wieder herausfand, ist zuallererst das Verdienst meiner Lehrerin, Frau Professor Margarethe von Winterfeldt. Sie war es, die mich sängerisch denken und fühlen lernte, die mir in liebevollem, sorgfältigem Unterricht den Weg aufzeigte, den ich gehen musste. Ihr gilt mein Dank und meine tiefe Verehrung, solange ich denken kann. Die nun hinter mir liegenden fünf Jahre meines Studiums waren die wertvollsten und schönsten meines Lebens. Sie haben aus mir einen Menschen gemacht, der weiß, wo sein Ziel ist und für den es nur eins gibt, dieses Ziel nun auch zu erreichen.
Nur knapp zehn Jahre sollte Fritz Wunderlich seinen Weg als Sänger gehen. 10 Jahre in denen er sein Publikum verzauberte, und in denen er dieselbe Ernsthaftigkeit an den Tag legte beim Interpretieren von Operettenschlagern wie bei Schubertliedern. Er kannte keinerlei Arroganz einer Musikrichtung gegenüber, sang Bach-Arien mit derselben Leichtigkeit und Intensität wie Wiener Lieder.
Kurz vor seinem 36 Geburtstag fiel er im Haus eines Freundes die Treppe hinunter, an den Folgen dieses Sturzes starb er am 17. September 1966. Wenig später hätte sein Debut an der New Yorker MET, der Metropolitan Opera, stattfinden sollen. Fritz Wunderlichs Tod war ein Schock für die Musikwelt. Man ahnte es bereits damals und weiß es heute: Fritz Wunderlich hat eine Lücke hinterlassen, die sich nicht schließen ließ.