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Bayreuther Festspiele

24. Juli - 27. August 2024

Installation im Bayreuther Festspielhaus "Loop of the Nibelung"

In diesem Jahr werden wegen der Corona-Krise in Bayreuth keine großen Opern gespielt. Deshalb nutzen die Bayreuther Festspiele das leere Festspielhaus für eine Videokunst-Aktion des dänischen Komponisten Simon Steen-Andersen mit dem Titel "Loop of the Nibelung".

Bildquelle: BR-KLASSIK

Video

"The Loop of the Nibelung" von Simon Steen-Andersen

Ein goldener Ring wird aus einem Aquarium gehoben. Das löst eine Kettenreaktion aus: Ein Ball, der über eine Kugelbahn rollt, auf einer Blechschale landet, hölzerne Domino-Steine, die die Energie eine Treppe aufwärts weiterleiten, eine neue Kugelbahn, verschiedene Rohre und Holzkonstruktionen, durch die der Ball rollt und dabei unterschiedliche Klänge produzieren.

Die "Kettenreaktions-Maschine" hat Simon Steen-Andersen konstruiert - als Parcours durch das Bayreuther Festspielhaus, der von der Unterbühne bis hinauf aufs Dach führt. Simon Steen-Andersen ist Komponist und Medienkünstler. Zusammen mit Musikern der Bayreuther Festspiele bringt er in seiner Installation das Haus wieder zum Klingen. Während der Performance entsteht für alle Beteiligten in diesem Jahr ein Moment der Rückkehr. Und auch im leeren Festspielhaus schwingen die legendären Inszenierungen in die Gegenwart. Das mythische Festspielhaus wird zugleich Instrument und Bühnenbild.

Porträt des Festspielhauses

Die Videoperformance gleicht einem Porträt des Festspielhauses. Regisseur Simon Steen-Andersen dringt mit Mini-Kamera und Mikrofon in Räume ein oder läuft Gänge ab, die noch nie ein Zuschauer gesehen hat. Dabei wendet er ein Prinzip an, das einer der Musiker als Dominoday bezeichnet. Die Kuratorin von "Diskurs Bayreuth" Marie-Luise Maintz spricht vom Kugelbahnprinzip: "Zum Beispiel springt ein Golfball über zwei Pauken in eine Tuba, diese Tuba macht ein Geräusch und setzt eine weitere Aktion in Gang, in deren Folge dann Wasser plätschert, irgendetwas umfällt. Und dazu die Musik aus dem Rheingold."

Wir haben keinen 'Ring' in diesem Jahr, sondern einen Loop. Der Charakter dieses Worts, sagt sehr viel über diese Arbeit von Steen-Andersen aus.
Marie-Luise Maintz

Zur Person

Simon Steen-Andersen wurde 1976 in Dänemark geboren und studierte von 1998 bis 2006 Komposition in Århus, Freiburg, Kopenhagen und Buenos Aires bei Karl Aage Rasmussen, Mathias Spahlinger, Bent Sørensen und Gabriel Valverde. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Preise, u. a. der Ernst von Siemens Musikstiftung 2017, Mauricio Kagel Musikpreis der  Kunststiftung NRW 2017, Preis des SWR Symphonieorchesters 2019 und 2014, Berliner Kunstpreis der Akademie der Künste als auch den Carl Nielsen Preis 2013, den Kranichsteiner Musikpreis (2008), den Tribune internationale des compositeurs 2010. Er war zudem Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Seit 2018 ist er Professor in der Abteilung Komposition und Théâtre musical an der Hochschule der Künste Bern. Er lebt in Berlin. Mehr zum Künstler auch auf seiner Homepage unter simonsteenandersen.dk

In seiner Videoarbeit mit Sängern und Musikern des Festspielorchesters begegnet er an historischem Ort dem Werk Wagners. Unerhörtes, Ungesehenes, Ungewohntes wird zu einer temporeichen, sinnlichen Performance bis hinab in den "mystischen Abgrund" des Bayreuther Grabens.

Digitales "Trotzdem-Programm"

Simon Steen-Andersen "Loop of the Nibelung", Installation Bayreuth 2020 | Bildquelle: BR Bildquelle: BR Doch endlich wieder Musik im Bayreuther Festspielhaus zu machen, wenn auch ohne Live-Publikum, das ist in diesem Ausnahme-Festivalsommer fast Genugtuung für die beteiligten Künstler und Musiker. So kann Dirigent und Cellist Peter Tilling seine Aufregung während der Produktion gar nicht bändigen: "Wir sind ganz Feuer und Flamme bei diesem Projekt, auch das gesamte Haus so kennenlernen zu dürfen. Wir haben gerade unten in der Unterbühne wirklich wie die Nibelungen gehämmert und mit Alberich diesen Rhythmus gestaltet. Jetzt werden wir gleich auf dem Dach die Götterburg besingen."

Dass man dieses Jahr doch hier sein darf, ist ein Geschenk.
Peter Tilling, Dirigent und Cellist

Einen analogen Opernabend kann dieses kleine "Trotzdem-Programm" freilich nicht ersetzen. Aber es verströmt zumindest ein kleines bisschen Bayreuth-Feeling und verschafft dem Zuseher tiefe Einblicke, die Durststrecke bis zu einem hoffentlich richtigen Festspielsommer 2021 verkürzen.

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