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Bayreuther Festspiele

24. Juli - 27. August 2024

Interview mit Klaus-Florian Vogt "Ohne Wagner wäre ich kein Sänger geworden"

Klaus Florian Vogt ist einer der prominentesten Wagner-Tenöre. In der aktuellen Bayreuther Produktion des "Parsifal" singt er die Titelpartie. Im Interview spricht er über den Komponisten, das Werk, die Rolle - und Bayreuth allgemein.

Klaus Florian Vogt als Lohengrin | Bildquelle: Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath

Bildquelle: Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath

BR-KLASSIK: Klaus Florian Vogt, dies ist Ihre zehnte Saison in Bayreuth. Wenn Sie zurückblicken auf 2007- damals gaben Sie Ihr Debüt als Stolzing - und mit 2016 vergleichen: Was ist der größte Unterschied für Sie?

Klaus Florian Vogt: Heute kann ich sehr viel gelassener an die Sache herangehen. 2007 war das ja sehr überstürzt. Und auch der Parsifal ist ja eine völlig andere, ruhigere Partie. Inzwischen kenne ich auch die Abläufe hier in Bayreuth ein bisschen besser und weiß, worauf man achten muss. Insofern ist es vielleicht für mich ein noch größerer Genuss als damals.

BR-KLASSIK: Sie sagten bereits, dass die Partie des Parsifal eine ganz andere ist als die des Stolzing. Hätten Sie die Entwicklung zur Rolle des Parsifal hin vorausgeahnt?

Klaus Florian Vogt: Das konnte ich damals natürlich noch nicht absehen, das ist ja klar. Ich hatte mich einfach gefreut, hier zu sein. Der Parsifal ist insofern etwas Besonderes für mich, weil das Werk ja ganz konkret für das Bayreuther Haus geschrieben ist. Und soweit ich das nach den ersten Proben auf der Bühne beurteilen kann: Ich spüre, dass dieses Werk wirklich hierher gehört.

Parsifal - vom Naivling zum Kämpfer

BR-KLASSIK: Sie haben den Parsifal ja auch schon woanders gesungen und kennen die Partie. Diese reine Erlöserfigur, die er sein soll – und andererseits ein kämpferischer Geist, der etwas verändert: Was erfordert eine solche charakterliche Vielschichtigkeit von Ihrer Stimme?

Tenor Klaus Florian Vogt als Parsifal an der Staatsoper Berlin | Bildquelle: picture-alliance/dpa Klaus Florian Vogt als Parsifal an der Staatsoper Berlin | Bildquelle: picture-alliance/dpa Klaus Florian Vogt: In erster Linie eine große Bandbreite. Man kommt ja als der "reine Tor" auf die Bühne, und da darf sich stimmlich auch mitteilen, indem die Stimme einfach, leicht, vielleicht sogar naiv klingt. Das wäre zumindest mein Idealbild. Und es ist ja auch so komponiert: Es gibt keine großen, dramatischen Ausbrüche im Ersten Akt, sondern es handelt sich eher um eine kurze Erzählung, und dabei wird es eigentlich auch belassen Die große Veränderung findet dann im Zweiten Akt statt. Da ist Parsifal wieder der naive Kerl, begegnet erst den Blumenmädchen und dann einer richtigen Frau: Kundry. An dieser Stelle findet erst dieser Wandel zum Dramatischen statt. Damit wird eine Tür geöffnet. Dann gibt es im Dritten Akt wieder einige leichte, lyrische Passagen, bevor es am Schluss doch wieder dramatisch wird. Diese Bandbreite zu bedienen: Das ist, glaube ich, die große Herausforderung bei diesem Werk.

BR-KLASSIK: Nun hat es in Bayreuth für den "Parsifal" den unvorhergesehenen Dirigentenwechsel gegeben. Wie gehen Sie damit um?

Klaus Florian Vogt: Ich hatte mich auf diese Arbeit sehr gefreut, weil ich mit Andris Nelsons schon Teile aus dem "Parsifal" konzertant aufgeführt habe, was uns beiden großen Spaß bereitet hat. Insofern bin ich ziemlich traurig darüber, dass Nelsons in Bayreuth nicht dirigieren wird.

Lebenslange Faszination für Wagner

BR-KLASSIK: Es gibt ja jetzt in Bayreuth neue Sicherheitsmaßnahmen. Fühlen Sie sich sicherer?

Klaus Florian Vogt: Nein. Ich habe mich hier in Bayreuth immer sicher gefühlt, und das tue ich jetzt auch. Mit diesen Maßnahmen, die es jetzt hier gibt, hat das gar nichts zu tun.

BR-KLASSIK: Hatten Sie auch schon früher, als Sie anfingen zu singen, das Ziel, eines Tages Wagner-Rollen zu interpretieren? Für Sänger ist Wagner ja oft so etwas wie ein unerreichbarer "Gral".

Klaus Florian Vogt: Ja, natürlich. Ich weiß nicht, ob ich ohne Wagner überhaupt Sänger geworden wäre. Wagners Musik hat mich erst dazu motiviert, das überhaupt zu versuchen. Das heißt aber nicht, dass ich mich von Anfang an als großer Wagner-Sänger gefühlt habe. Es hat mich vielmehr gereizt zu wissen, ob ich dieses Fach überhaupt bedienen kann. Umso dankbarer bin ich heute, dass es wirklich so gekommen ist.

Das Gespräch führte Franziska Stürz für BR-KLASSIK.

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