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Bayreuther Festspiele

24. Juli - 27. August 2024

Bayreuther Festspiele - Parsifal 2016 Regisseur Uwe Eric Laufenberg im Interview

Uwe Eric Laufenberg ist der Regisseur der diesjährigen Bayreuther "Parsifal"-Produktion. Im Interview verrät er, welche Rolle die Religion in seiner Inszenierung spielt und inwieweit Hartmut Haenchen ein völlig anderer Wagner-Dirigent ist als Andris Nelsons.

Bildquelle: dpa/Fredrik von Erichsen

Ohne Religion funktioniert der Parsifal nicht

BR-KLASSIK: Uwe Eric Laufenberg, was fasziniert Sie an Wagners "Parsifal" am meisten - was hat uns dieses Werk Ihrer Ansicht nach heute noch zu sagen?

Uwe Eric Laufenberg: Nun, es ist die letzte Oper von Richard Wagner; er hat sie "Bühnenweihfestspiel" genannt. Der Parsifal sollte nur in Bayreuth aufgeführt werden. Wagner hat seine ursprünglichen Pläne, eine Oper über Jesus von Nazareth zu schreiben, oder "Die Sieger", eine buddhistische Geschichte, wieder in ein Mittelalter-Epos zurücksortiert. Er hat aber all diese Sachen in den Parsifal hineinprojiziert. Deswegen ist es nicht so leicht, an den Nerv dieses Stücks tatsächlich heranzukommen. Wie die Verhältnisse zur Religion in diesem Stück gelagert sind, ist nicht unkompliziert.

BR-KLASSIK: Nun hat man ja schon im Vorfeld gehört, dass Sie in Ihrer Inszenierung gerade das Thema der Religion pointieren wollen. Wir leben ja in einer Zeit, in der das Thema Religion durch religiös motivierten Terrorismus eine traurige Aktualität hat.

Uwe Eric Laufenberg: Ich glaube, dass man dieses Stück, wenn man es ernst meint, gar nicht ohne Religion machen kann. Schließlich geht es nicht zuletzt um den Gral, der das Blut Christi aufgefangen hat. Also man isst symbolisch den gekreuzigten Gott, und in dieses Mysterium hinein komponiert Wagner ja das Ende des Ersten Aktes.

Utopie einer gewaltlosen Welt

BR-KLASSIK: Sie haben ja in einem Gespräch bereits durchblicken lassen, dass für Sie Richard Wagner mit dem "Parsifal" vielleicht weniger ein religionskritisches als ein kirchenkritisches Stück schaffen wollte. Würden Sie dieses Werk auch so sehen: als den Versuch einer Wiederbelebung der religiösen Substanz des Christentums?

Uwe Eric Laufenberg: Ich finde die ganze Anlage sehr kompliziert, denn auf der einen Seite soll der Erlöser erlöst werden. Dieses permanente Leiden, diese permanente Folter, auch dieses permanente Körper-Zerstören - wenn Sie Religionskriege sehen, da wird auch immer mit ganzem Körpereinsatz herangegangen, die Menschen zu quälen und unnötig in Konflikte zu treiben. All diesen Aspekten geht Wagner nach, man kann das sehr gut nacherleben durch die Musik. Aber letztendlich versucht er natürlich auch, diese Problematik zu überwinden. Dafür steht die Figur des Parsifal, der dies alles nicht selbst erleben muss, um dieses Mitleidsgefühl, dieses Leidensgefühl auch an sich wahrzunehmen.

Regisseur Uwe Eric Laufenberg | Bildquelle: picture-alliance/dpa Regisseur Uwe Eric Laufenberg | Bildquelle: picture-alliance/dpa Wenn Sie so wollen, ist die größtmögliche Utopie in diesem Stück: dass am Ende aller Tage die Menschen vielleicht aufhören, übereinander herzufallen, die Erde und sich selbst zu zerstören, und womöglich dies alles auch noch im Namen eines Gottes zu tun. Das ist ja der größte Schwindel, den man sich vorstellen kann. Vielleicht gibt es für die Menschen die Überwindung der Religionskonflikte, und vielleicht ist es tatsächlich möglich, mit den religiösen Gefühlen des Mitleidens und der Zuwendung eine bessere Welt zu bauen als die, in der wir heute immer noch leben.

Die Klarheit der Musik

BR-KLASSIK: Wie sehen Sie das Verhältnis von Musik und szenischem Geschehen im "Parsifal" - welche Rolle spielt die Musik für Ihre Inszenierung?

Uwe Eric Laufenberg: Die wesentliche! Das Libretto ist in sich so verrätselt und verklausuliert, dass es ohne Musik nicht verstehbar ist. Nur die Musik schließt eigentlich das auf, was der Text auf symbolbefrachtete und manchmal sogar etwas verquaste Weise zu lenken versucht. Verquast ist die Musik allerdings nie. Sie befindet sich immer auf der absoluten Höhe der Genialität, ist unglaublich intelligent konstruiert und dabei sehr fließend in der Emotionalität. Es geht mir eigentlich bei der Inszenierung derartiger Werke nur darum, die Musik sichtbar zu machen.

Hartmut Haenchen vs. Andris Nelsons

BR-KLASSIK: Was bedeutet der kurzfristige Dirigentenwechsel von Andris Nelsons zu Hartmut Haenchen für Ihre Inszenierung? Die beiden stehen ja für durchaus unterschiedliche Interpretationsstile.

Uwe Eric Laufenberg: Genau - und da ich auf die Musik gesetzt habe, funktioniert es mit beiden dieser interpretatorischen Auslegungen. Sie sind allerdings wirklich sehr entgegengesetzt. Hartmut Haenchen ist ein sehr strukturbetonter, analytischer Dirigent, der aufgrund dessen die Raffinesse der Partitur wirklich  auf den Punkt bringen kann. Andris Nelsons hingegen ist sehr viel emotionaler an die Musik herangegangen. Das war eine viel subjektivere Lesart. Haenchen ist da vergleichsweise objektiv - was aber der Musik überhaupt keinen Abbruch tut.

Die Fragen stellte Michael Schmidt für BR-KLASSIK.

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