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BMW Welt Jazz Award 2019 Let's talk about Sax

Golden, gebogen und ungemein vielseitig: Das Saxophon hat im Jazz seine Heimat gefunden und beim diesjährigen BMW Welt Jazz Award steht es im Fokus. Unter dem Motto "Saxophone Worlds" lassen sechs sehr unterschiedliche Formationen das Saxophon auf eine je eigene Art glänzen.

BMW Welt Jazz Award 2019 "Saxophone Worlds" | Bildquelle: Julius Gnoth

Bildquelle: Julius Gnoth

73 Seiten widmete Joachim-Ernst Behrend dem Saxophon in seinem renommierten "Jazzbuch". So viele, wie keinem anderen Instrument des Jazz. Das Klavier bekommt lediglich 43 Seiten. Das zeigt schon den hohen Stellenwert des goldenen Horns im Jazz. Aber man braucht gar nicht so tief in die Literatur einzusteigen. Es gibt viele bekannte Aussprüche, wie etwa diesen: "Das ist kein Jazz, da spielt doch kein Saxophon mit". Natürlich stimmt dieser Spruch nicht, aber ein Fünkchen Wahrheit ist eben doch in diesem Satz enthalten. Zwar ist das goldene Horn in vielen Musikgenres zuhause, in der Klassik, im Pop und Rock, im Schlager und in der Blasmusik, aber seinen ganz prominenten Platz hat das Saxophon im Jazz gefunden.

2019 - Das Jahr des Saxophons

Von der Konferenz der Landesmusikräte in Deutschland wurde im Herbst 2018 das Saxophon zu Instrument des Jahres 2019 gewählt. Die Jury und die Verantwortlichen des BMW Welt Jazz Awards hatten da schon etwas früher den richtigen Riecher und stellten den BMW Welt Jazz Award 2019 schon im Juni des letzten Jahres unter das Motto "Saxophone Worlds".

Schon zum elften Mal wird der BMW Welt Jazz Award vergeben und die sonntäglichen Matinee-Konzerte im einmaligen Ambiente des Doppelkegels der BMW Welt sind aus der Münchner Jazzlandschaft schon lange nicht mehr wegzudenken. Sie sind absolute Publikumsmagneten und die Bands spielen immer vor vollem Haus.

Junge Jazzer heizen ein

Dem eigentlichen Wettbewerb war in diesem Jahr eine Auftaktveranstaltung vorangestellt, bei der sich der Preisträger des BMW Welt Young Artist Jazz Award von 2017 präsentieren durfte. Der Posaunist Roman Sladek erhielt diesen seit 2016 vergebenen Nachwuchspreis und er heizte am 17. Januar 2019 im Doppelkegel der BMW Welt mit seiner Jazzrausch Bigband mächtig ein. Dieses Ensemble ist zurzeit Bayerns gefragtester Jazzexport und begeistert weltweit mit einer Mischung aus Techno und Bigband-Jazz.

Europäischer Jazz von Weltniveau

In sechs Matinee-Konzerten von 27. Januar bis 24. März kann man nun das Holzblasinstrument mit dem Messingkorpus auf ganz unterschiedliche Arten hören. Ganz große Namen und junge Wilde aus der New Yorker Szene sind zwar beim Wettbewerb nicht vertreten, aber dafür herausragende Saxophonistinnen und Saxophonisten aus der europäischen Jazzlandschaft. Aus einer Vorauswahl von rund 40 anonymisierten CDs suchen die Fachjuroren blind, nur nach Hörkriterien, die sechs Bands aus.

Zwei Saxophonistinnen und ein Saxophonist kommen aus Frankreich und haben eine explizit europäische Tonsprache. Aus Polen, Estland und den USA kommen die anderen drei Wettbewerbsteilnehmer.

Sechsmal Saxophon

Altsaxophonist Maciej Obara wird am 27. Januar den BMW Welt Jazz Award 2019 eröffnen. Sein Quartett steht stark in der Tradition des Jazz aus seiner Heimat Polen. Die Einflüsse der beiden prägenden polnischen Jazzväter Pianist Krzysztof Komeda und Trompeter Tomasz Stańko sind deutlich spürbar. In Stańkos Band war Obara auch eine Zeit lang Mitglied. Seine Bandkollegen aus Polen und Norwegen bezeichnet Maciej Obara als seine Traumbesetzung und so kann das Ensemble immer neue musikalische Wege voll starker Melodien finden.

Céline Bonacina aus der französischen Stadt Belfort, spielt vor allem das tiefe, erdige Baritonsaxophon. Auf diesem Instrument ist die Saxophonistin eine Geschichtenerzählerin, aber sie kann auch Powergrooves liefern, die kein E-Bass knackiger spielen könnte. Die Musik ihres "Crystal Quartet" strahlt die Lebensfreude der Karibikinsel La Réunion aus, dort lehrte Boncina sieben Jahre lang am Konservatorium. Ihre Kompositionen sind aber auch mit den ungeraden Rhythmen und den speziellen Tonfolgen der nahöstlichen Musik gewürzt. Als Kontrast zum Baritonsaxophon spielt Bonacina auch immer wieder das hohe Sopransaxophon und kann so eine weite Bandbreite des Saxophonsounds abdecken. Am 03. Februar spielt sie mit ihrem "Crystal Quartet" ihr Matinee-Konzert.

Zwei Wochen später, am 17. Februar, ist ebenfalls eine Saxophonistin aus Frankreich im Doppelkegel der BMW Welt zu erleben. Géraldine Laurent spielt Altsaxophon und ist mit ihren drei herausragenden Mitmusikern aus der Pariser Szene ganz stark in der klassischen Jazztradition verwurzelt. Swing, Latin oder Bebop sind die Stile, in denen das Géraldine Laurent Quartet eine mitreißende Energie entwickelt und dabei zeigt, wie zeitlos diese Form des Jazz ist.

Ein in München lebender Franzose präsentiert am 24. Februar seine neue Formation. Tenorsaxophonist Matthieu Bordenave gehört zu den herausragenden Figuren des aktuellen europäischen Jazz. Seine Musik ist Tonmalerei weit weg vom bloßen Effekt und einer Leistungsschau. Seine Kompositionen sind Bilder von entrückter Schönheit und Kraft. In seinem neugegründeten Trio mit dem deutschen Pianisten Florian Weber, der 2009 schon mit dem Trio Minsarah im Finale des BMW Welt Jazz Awards stand, und dem Schweizer Bassisten Patrice Moret entfaltet Bordenave einen intensiven kammermusikalischen Austausch. Leiser Jazz, der eine knisternde Spannung aufbauen kann.

Jazz-Kammermusik einer ganz anderen Art gibt es am 10. März beim Matinee-Konzert. Die estnische Altsaxophonistin und Komponistin Maria Faust präsentiert ihr Projekt „Machina“. Mal kantige, mal luftig-leichte Kompositionen hat sie für die ungewöhnliche Besetzung Alt- und Tenorsaxophon, Cello, Klavier und zwei Kontrabässe geschrieben. Im Herbst letzten Jahres hat sie mit diesem Programm in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche beim Jazzfest Berlin schon begeistert. Nun wird sie auch beim BMW Welt Jazz Award sicher für Aufsehen sorgen. Besonders spannend: der Kontrast zwischen Maria Fausts klassisch-klarem Altsaxophon und Ned Ferms erdig-bluesigem Tenorsaxophon.

Altsaxophonist Rudresh Mahanthappa ist als Sohn indischer Eltern in den USA aufgewachsen und genau aus diesen Einflüssen speist sich seine Musik. Die Tradition des Jazz von Charlie Parker bis Steve Coleman kombiniert mit traditionellen indischen Rhythmen und Sounds. Davon kann man sich am 24. März im letzten Matinee-Konzert des BMW Welt Jazz Awards überzeugen. Mit einer herausragend besetzten Band lässt Mahanthappa komplexe Rhythmusgeflechte entstehen, über denen sein ultravirtuoses Altsaxophon scheinbar die Schwerkraft zu überwinden scheint.

Welche beiden Bands dann im Finale am 4. Mai auftreten werden, darüber entscheidet die Fachjury. Aber welche Saxophonistin oder welcher Saxophonist den Publikumspreis erhält, das haben die Besucher der Matinee-Konzerte in der Hand.

Ein spannender Wettbewerb mit äußerst unterschiedlichen Ensembles steht uns bevor.

BMW Welt Jazz Award in der Jazztime auf BR-KLASSIK:

Jazztoday am 4. Februar 2019 ab 23.05 Uhr
Saxophone Worlds Das Saxophon steht beim BMW Welt Jazz Award 2019 im Fokus mit insgesamt sechs herausragenden internationalen Saxophonistinnen und Saxophonisten. In dieser Sendung gibt es Highlight aus den Konzerten vom Maciej Obara Quartet vom 27. Januar und von Céline Bonacina Crystal Quartet vom 3. Februar. Moderation und Auswahl: Ulrich Habersetzer

BR Jazzclub am 8. März 2019 ab 23.05 Uhr
Made in France Jazz mit Saxophon vom Quartett der aus dem westfranzösischen Niort stammenden Saxophonistin Géraldine Laurent und dem Trio "Archipel" des südfranzösischen Saxophonisten Matthieu Bordenave Aufnahmen vom BMW Welt Jazz Award vom 17. und vom 24. Februar 2019 Moderation und Auswahl: Ulrich Habersetzer

BR Jazzclub am 12. April 2019 ab 23.05 Uhr

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