BR-KLASSIK

Von zeitloser Schönheit sind William Shakespeares Sonette. Inspiriert von der beeindruckenden Gesangsstimme der österreichischen Schauspielerin Birgit Minichmayr hat der bayerische Pianist Bernd Lhotzky neun davon vertont. Das Ergebnis: ein Fest der Musik gewordenen Lyrik.

Schon die ersten Töne dieses Albums haben das Potenzial, die Hörenden sofort gefangen zu nehmen. Sie werden gesungen von einer Stimme allein, von der man wahlweise total abgeschreckt oder total fasziniert sein kann. Ein Dazwischen ist – ähnlich wie bei Bob Dylan oder Tom Waits – kaum vorstellbar. Und genau das ist schon mal einer der ganz großen Pluspunkte des Albums mit dem schönen, von einem Shakespeare Sonnet entliehenen Titel "As an Unperfect Actor". Dass hier eine Frau singt, die von vielen Theaterfans und der Kritik als "Perfect Actress" empfunden wird, gibt dem Ganzen noch einen zusätzlichen, hübsch ironischen Dreh.

Ungeheure Sogkraft

Doch auch, wenn es ihre herrlich aufgeraute Stimme ist, die im Zentrum der Musik eine ungeheure Sogkraft entwickelt, ist Birgit Minichmayr nicht der einzige Star des Albums. Denn alle glänzen, schimmern und leuchten in der beflügelten Ensemblearbeit an ihren Instrumenten und in den Rollen, die ihnen in den Kompositionen und Arrangements des Münchner Pianisten Bernd Lhotzy zufallen. Ihn kennt man bisher in der Jazzwelt vor allen Dingen als Teil der Band "Echoes Of Swing". Als Meister des eleganten Harlem Stride Pianos und Schöpfer wunderbar humorvoller Klassik-Bearbeitungen.

Einfühlsam umhüllte Gesangsmelodien

Der Saxophonist und Klarinettist Mulo Francel und zwei seiner Mitmusiker von der sehr erfolgreichen Band Quadro Nuevo gestalten gemeinsam mit dem jungen Jazzgitarristen Philip Schiepek unwahrscheinlich einfühlsam die instrumentale Umhüllung der Gesangsmelodien. Bernd Lhotzky lässt sie ihre Töne und Läufe genau dort hinsetzen und hin dehnen, wo sie der Musik einen Atem geben, der sofort die Verbindung aufnimmt zum Legato von Birgit Minichmayrs gehaltvoller Stimme, die singend zu uns spricht. Alles unterstützt die besondere Intensität ihrer Interpretation der jahrhundertealten, rätselhaft schönen Liebeslyrik, die sich an Tango, Milonga und kammermusikalisch rockige Rhythmen anschmiegt. Ein Gedicht ist diese rundum gelungene Vertonung von neun Shakespeare-Sonetten.

Sendung: "Leporello" am 8. Juni 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK