1976 wurde die Akkordeon-Spielerin Tuulikki Bartosik in Süd-Estland im Städtchen Rakveres geboren. Schon auf ihrer Debüt-CD „Storied Sound“ von 2017 verstand sie es meisterhaft, Tradition und Moderne, Songstrukturen und Improvisation zusammenzubringen. Und dabei mit ihrem Akkordeon Geschichten zu erzählen: von ihrer Heimat, ihrer Kindheit in der kleinen Baltenrepublik, von den endlosen estnischen Wäldern. Nun ist ihre zweite Solo-CD erschienen mit dem Titel »Torm Veeklaasis« - „Tempest in a teapot“
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"Musik der Welt"
CD-Tipp: "Torm Veeklaasis"
Das Album ist eine Liebeserklärung an ihre Heimat, an die Landschaft im Süden Estlands und an die Menschen dort. Tuulikki Bartosik gelingen in ihren melancholischen oder auch fröhlichen Stücken Momentaufnahmen von großer Eindringlichkeit, und sei es in einem kleinen Wiegenlied.
Josefins Lullaby
Tuulikki Bartosik ist Absolventin der renommierten Sibelius-Akademie in Helsinki und hat einen Master in Traditional Music. Sie war die Erste, die estnische Volkslieder für das Knopfakkordeon adaptierte. Dabei verwebt sie Elemente traditioneller Lieder mit eigenen Melodien und gibt der Musik Raum und Zeit zum Atmen und Entwickeln, oft entfalten ihre Klänge einen meditativen Sog, eine ganz eigene Stimmung, licht und klar.
Original Music
Estnische Folktradition verschmilzt harmonisch mit neuen Klängen. Gefragt, ob sie denn Folk Music spiele, antwortet Tuulikki Bartosik: „Ich bevorzuge den Begriff „Original Music“. Es ist meine Musik, meine Tradition. Die Wurzeln liegen in Võrumma, aber ich lebe in unterschiedlichen Kulturen und ich reise – das wirkt sich auf die Musik aus.“ „Rõuge valss“ etwa ist eine Huldigung an die Heimat ihrer Vorfahren und zugleich der individuelle Ausdruck ihrer eigenen Identität.
Setting sail for freedom
Während des Zweiten Weltkriegs mussten die Esten unter wechselnden Besatzungsmächten ihre Heimat verlassen: 1940 wurde das Land von Stalin besetzt, 1941 von den Nationalsozialisten, dann kehrten 1944 die Russen zurück. Von einem Flüchtlingstrupp, der 1945 vor Stalin in einem Vergnügungsboot von Estland über Schweden, Irland und Portugal nach Amerika floh, handelt Bartosiks Suite „Setting Sail for Freedom“.
Es ist die Geschichte von der Hoffnung auf ein neues Zuhause. „Traditionen reisen über das Meer“, sagt Tuulikki Bartosik. Und weiter: „Wenn man seine Traditionen pflegen will, darf man sie nicht isolieren. Um Traditionen am Leben zu erhalten, müssen wir reisen und unsererseits andere Menschen willkommen heißen.“
Worte der Offenheit in einer Welt, die derzeit wieder gefährlich eng und klein zu werden droht. Sie selbst hat mit musikalischen Partnern in England und Japan zusammengearbeitet.
Manchmal singt Tuulikki Bartosik auch und im letzten Stück „Orukalda valss“ spielt sie dann die zwölfsaitige estnische Kantele-Zither: ein fesselndes Album.
Tuulikki Bartosik, Akkordeon, Kantele, Gesang, Komposition
- Nutvad niidud (Crying meadows)In luce amor
- I laehme uele mere (Over the sea) aus Purjetades vabadusse (Setting sail for freedom)
- Il kojusaabumine (Coming home)
- Maelutaguse polka (Forgotten village polka)
- Josefini haellilaul (Josefin‘s lullaby)
- Torm veeklaasis (tempest in a teapot)
- Rõuge valss (Rõuge waltz)
- Oh sõbra/Orukalda valss (Dear friends/Orukalda waltz)
Nordic Notes NN 132