Ein Jazztrio ohne Klavier, ohne Gitarre, auch ohne Schlagzeug. Nur zwei Blasinstrumente und ein Cello. Ergebnis: eine Musik von tiefgründiger Schönheit, die stilistische Klischees hinter sich lässt. Titel: "Love of Life".
Bildquelle: La Buissonne
CD-Tipp 28.01.2020
Vincent Courtois, Robin Fincker, Daniel Erdmann: Love of Life
Ganz ruhige Akzente vom Cello. Eine ständig wiederholte Folge von vier Klängen. Man ahnt vom ersten Takt an, dass diese Musik eine große Intensität entfalten kann - auch wenn es noch dauert, bis das Cello Gesellschaft bekommt. Und diese Spannung entwickelt sie auch, selbst mit so sparsamen Mitteln. Und das in einem Trio, das von gängigen Besetzungstypen im Jazz deutlich abweicht. Es ist das Trio von Vincent Courtois, Cello, Robin Fincker, Tenorsaxophon und Klarinette, und Daniel Erdmann, Tenorsaxophon.
Eine Musik, die nichts übereilt und nichts überfrachtet. Und die vor schöne Rätsel stellt. Manchmal fragt man sich: Sind da wirklich zwei Blas-Instrumente zu hören? Zuweilen ist das schwer zu erkennen in diesen Aufnahmen, zumal die beiden Partner von Vincent Courtois häufig beide das Tenorsaxophon spielen. Mal verschmelzen ihre Stimmen, mal gleiten sie sanft auseinander. Manchmal sogar fliegen sie voreinander davon. Und manchmal treten sie in den Hintergrund, um dem Saiteninstrument den Vorrang zu lassen.
Enorme Ausdruckskraft steckt in dieser Ruhe. Man wird sofort in einen Hörfilm hineingezogen. Oder auch: in eine Erzählung - mit punktgenau beherrschter musikalischer Sprache. Einer Sprache, die Tempo und Temperament ganz stark ändern kann. Plötzlich ist man in schneller Vorwärtsbewegung, es geht eine Straße oder Schienen entlang. Wind weht, Sonne brennt. Staub fliegt. Wo sind wir? Die Antwort: bei Geschichten von Jack London, dem großen amerikanischen Autor. Mal ließ sich Vincent Courtois von einer autobiographischen Erzählung inspirieren: über Londons Zeit als Landstreicher - und als Hobo, der unerlaubt auf Güterzügen mitfuhr. Und dann wieder geht es in der Musik dramatisch aufs Meer hinaus, mit Tönen zum Roman "Der Seewolf".
"So mächtig wie geistreich" findet Vincent Courtois die Bücher Jack Londons. Seit 2016, sagt er, begleiten sie ihn im Alltag. Und hier also seine Übersetzungen von Momenten aus Londons Büchern in die Sprache der Töne. Courtois nimmt einen mit, beherrscht die Kunst der ersten Sätze, aber auch der dritten, zehnten und hundertzwanzigsten. Und beim Zuhören macht sich die Phantasie auf spannende eigene Wege.
Vincent Courtois - Violoncello
Robin Fincker - Klarinette und Tenorsaxophon
Daniel Erdmann - Tenorsaxophon
La Buissonne RJAL397034 (ohne LC).