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BAYERISCHES JAZZWEEKEND Rahmentrommel und Renaissance

Farbenreiches Marathonprogramm: 87 Bands spielten beim 37. Bayerischen Jazzweekend Regensburg. Publikumsströme in der Altstadt - und Highlights, die vom BR aufgezeichnet wurden. Das Programm zeigte die leuchtende Vielfalt des Jazz - als Musik, die besonders lebendige Bilder wecken kann.

Das Synesthetic Quartet im Thon-Dittmer-Hof | Bildquelle: BR/Roland Spiegel

Bildquelle: BR/Roland Spiegel

Musik wie diese fesselt die Zuhörer sogar, wenn Regentropfen den Open-Air-Spielort etwas ungemütlicher machen: Im Thon-Dittmer-Hof, dem Innenhof des historischen Thon-Dittmer-Palais in Regensburg, einem Ort mit reizvollem Blick auf Renaissance-Arkaden, hatte sich ein Publikum versammelt, das konzentriert zuhören wollte – und mit Regencapes und Schirmen ohnehin gerüstet war. Und für Bands wie "Trillmann", ein Quartett um die beiden Bläsersolisten Janning Trumann und Fabian Willmann, oder auch das ungewöhnlich besetzte Trio von Saxophonist Daniel Erdmann, Cellist Vincent Courtois und Vibraphonist Jim Hart lohnte sich das allemal. Die beiden Bands gehörten zu den Höhepunkten unter denen, die vom Ü-Wagen-Team der BR-KLASSIK-Jazzredaktion am Wochenende beim musikalisch hervorragend bestückten Jazzweekend aufgezeichnet wurden.

Extra weicher Zahnbürsten-Sound

Das Quartett Trillmann riss durch kraftvolle und zugleich voller Detailwitz steckende Kompositionen mit. Die beiden Bläserstimmen von Posaunist Janning Trumann und Tenorsaxophonist Fabian Willmann glänzten mit ungewöhnlichen Stimmführungen und packenden solistischen Einlagen – gehalten allerdings durch das filigran-energiegeladene Schlagzeugspiel von Eva Klesse und den Bass des spontan eingestiegenen Münchners Maximilian Hirning, der die komplexen Stücke mit verblüffender Sicherheit 'rüberbrachte. Eine Tonschönheit wie die des Saxophonisten Fabian Willmann sucht man lange – er kann das Tenorsaxophon in höchsten Tönen flöten lassen, ohne dass es angestrengt klingt. Wie er und Janning Trumann ihre Instrumentenstimmen in zarten Balladen aneinander schmiegen, ist traumhaft. Und lockerer Witz entsteht, wenn die Band bei einem Stück das Rauschen eines Haarföhns und das diskrete Schrubbgeräusch von Zahnbürsten in eine Komposition integrieren. Jazz mit Geist und sehr viel Stil.

Abendstimmung im Thon-Dittmer-Hof mit Cellist Vincent Courtois, Saxophonist Daniel Erdmann und Vibraphonist Jim Hart | Bildquelle: BR/Roland Spiegel Bildquelle: BR/Roland Spiegel Das Trio um Saxophonist Daniel Erdmann mit dem Namen Daniel Erdmanns "Velvet Revolution" führte in tiefgründig schillernde Stimmungen. Drei Musiker, die ganz nah beieinander standen und saßen, sah man da: Ihr Zusammenspiel war dementsprechend. Tiefgründig verzahnte Stimmen mit gläserner Transparenz und zugleich bluesiger Rauheit. Eine Jazz-Kammermusik von großer Dichte und gleichzeitig geprägt von Luftigkeit des Klangs. Die Kunst des inspirierten Einander-Umspielens war hier zu beobachten. Und man konnte schwelgen in Momenten von schöner Melancholie und tiefgründiger Musikalität.

Durchmischtes Wetter, bunt leuchtende Töne

93 Konzerte, zwei musikalische Lesungen und fünf Sessions waren von Donnerstag bis Sonntag zu erleben, an zwölf Spielorten in der Altstadt und einem weiteren im Gewerbepark. Trotz zuweilen trüben Wetters vor allem am Samstag – nach strahlender Sonne tags zuvor – bevölkerten Tausende von Besuchern die Altstadt an Orten wie dem Bismarckplatz, dem Kohlenmarkt oder dem Haidplatz, und sammelten Eindrücke bei den vielfältigen und bunt gemischten Konzerten, die zu freiem Eintritt zugänglich waren.

Impressionen vom Bayerischen Jazzweekend in Regensburg | Bildquelle: BR/Roland Spiegel Bildquelle: BR/Roland Spiegel Das Bayerische Jazzweekend ist zugleich ein musikalisches Fest für Leute, die gern hörend flanieren, und an einigen der Austragungsorte eine Neuheitenmesse für ein spezieller interessiertes Publikum. Aus 454 Bewerbungen wurden dieses Jahr von einer ehrenamtlichen Fachjury die Bands für das Jazzweekend ausgewählt, wobei ein Drittel der Bands noch nie bei der Veranstaltung zu hören war. Viel Neues also – oft von ganz jungen Bands.

Das Team der Jazzredaktion des BR-Hörfunks zeichnet seit Jahren die Konzerte an einem der vielen Spielorte auf – dem Thon-Dittmer-Hof, der seit vielen Jahren für besonders konzentrierte Hör-Erlebnisse steht, da dieser Innenhof kein Durchgangs-Spielort mit viel Wanderpublikum ist. In diesem Jahr wurden die Publikumsmengen dort durch Einlasskontrollen begrenzt, um sichere Fluchtwege zu gewährleisten. Das führte zugleich zu nochmals erhöhter Ruhe und Konzentration bei den vielen Zuhör-Willigen. Am Sonntagabend ging im Thon-Dittmer-Hof das Programm mit dem Konzert des "Synesthetic Quartet" des Klarinettisten und Komponisten Vincent Pongracz zu Ende: mit einer sperrig-skurrilen Musik, in der Wort-Performances in einer vom Bandleader erfundenen Phantasiesprache ebenso vorkamen wie rhythmisch vertrackte Melodien mit besonders kantigen Intervallsprüngen.

Musik, die Bilder weckt

Zehn Bands nahm das BR-Team beim diesjährigen Jazzweekend auf – darunter etwa auch das international besetzte Quartett "Markus Schieferdecker ASTEROID 7881", die "Rousbeh Asgarian Band", in der orientalische Farben durch Instrumente wie Oud und Rahmentrommeln integriert werden, die Berliner Band "The Major Minors", die lustvoll swingend dem Jazz der fünfziger Jahre huldigt, oder auch die schwedisch-brasilianisch-türkische Gruppe "Sound Pollution Eclectic" um Posaunist Karel Eriksson, in der unter anderem der Gitarrist Emiliano Sampaio mitspielt: eine Band, die groovende Musik mit besonders viel melodischem Witz spielt.

Gleich am Freitagabend konnte man eine spannende Entdeckung machen mit der Band "Coastline Paradox 5" um den deutschen Trompeter Richard Köster, der 2016 mit der Formation "Das Kammerer OrKöster" den 8. Europäischen Burghauser Nachwuchs-Preis gewann. Hier zeigte er außer einer makellos scharf konturierten Trompeten-Technik auch, dass er eine hervorragende kompositorische Begabung hat. Alle Stücke stammten von ihm, sie steckten voller witziger Stimmführungen – und erzählten ungemein witzig aufgebaute Geschichten mit Titeln wie "Die Rache" oder "Der Caterer". Musik, die viele Bilder in der Vorstellungskraft der Zuhörer weckt.

Viele Entdeckungen konnte das Publikum beim 37. Jazzweekend machen. Im Radio – neben der Jazztime auf BR-KLASSIK auch in der radioJazznacht auf Bayern 2 – kann man einige davon nachholen oder vertiefen.

Sendetermine:

23. Juli, 23.05 Uhr bis 24 Uhr: Jazztime auf BR-Klassik mit Moderator Roland Spiegel

11./12. August, 0:05 Uhr bis 2 Uhr: radioJazznacht auf Bayern 2 mit Moderator Ssirus W. Pakzad

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