Klimakrise, Mord an einem Mädchen, Geldgier: Das ist starker Opernstoff. Gerade haben drei junge Teams in Bukarest dazu drei Kurzopern entwickelt. Für„Opera in your pocket“, ein Projekt des ansässigen Goethe-Institutes zusammen mit der Universität Bukarest. Der Startschuss für frischen Wind in der rumänischen Opernszene.
Bildquelle: © Claudiu Popescu
Dialog der Kulturen - aktuelle Projekte des Goethe-Instituts
Opera in your pocket
Das gibt es noch nicht: Modernes Musiktheater, das die Themen aufgreift, die uns alle angehen. In Rumänien ist die Opernszene sehr konservativ. Deshalb hat das Goethe-Institut zusammen mit der Universität Bukarest „Opera in your pocket“ angestoßen: Ein Projekt, das junge Komponist*innen, Librettist*innen, Regisseur*innen, und Bühnenbildern*innen, Multimedialeute und Kostümbilder*innen dazu aufruft, zeitgemäße Kammeropern zu entwickeln: Drei Teams - drei Opern.
Es ist Graswurzelarbeit, die man dort leistet
Die beteiligten Künstler*innen sind vorwiegend Anfänger*innen auf dem Gebiet der Oper. Deshalb wurden sie von Profis begleitet. Bei Stoffauswahl, Komposition, Regie und allem, was dazukommt. Ein Mammutprojekt in Covid-Zeiten - zwei Jahre lang mit unzähligen Zoomtreffen, Workshops vor Ort und knochenharter Probenarbeit. Kurator Robert Lehmeier hat Erfahrung in solchen Dingen. Seit vielen Jahren erarbeitet er mit jungen Leuten zeitgemäße Produktionen in der Neuköllner Oper, so eine Art „Off Musiktheater“. Außerdem arbeitet er immer wieder mit Jugendlichen in südafrikanischen Townships. In Rumänien war er schon mal mit dem sehr erfolgreichen Opern-Film-Projekt „Fidelio bist Du!“ zum Beethovenjahr aktiv. Dieses Mal konnten die jungen Künstler*innen ihr Thema frei wählen.
Es kann jede treffen. Du musst nicht besonders jung, hübsch oder offen sein
Gewagt ist das, was Librettistin Mara Carutasu und Komponistin Simona Strungaru – sie ist auch Leiterin des Ensembles „Sonomania“, welches alle drei Kurzopern aufgeführt hat - sich vorgenommen haben: einen Kriminalfall von 2019, der das ganze Land erschüttert hat. Ein junges Mädchen wurde entführt, vergewaltigt und ermordet – auch, weil ihre dreifachen Notrufe 19 Stunden lang ignoriert wurden. Mafiöse Strukturen, Opfer-Täter Umkehr, Manipulation in den Medien – der Fall hat die dunkelsten Seiten der Gesellschaft ans Licht gebracht. Die Taschenoper „Es ist Deine Schuld!!!“ bohrt um der Wahrheit willen in der Wunde - um das Opfer zu würdigen, die Erinnerung wach zu halten und an die Zivilcourage zu appellieren.
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Simona Strungaru: "Es ist Deine Schuld"
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Simona Strungaru: "Es ist Deine Schuld"
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Simona Strungaru: "Es ist Deine Schuld"
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Simona Strungaru: "Es ist Deine Schuld"
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Simona Strungaru: "Es ist Deine Schuld"
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„Geiz ist geil!“ Diesem abstoßenden Werbe-Motto folgen die Familienmitglieder in der Taschenoper „Geld, Geld, Geld“ des rumänischen Komponisten Dande Popescu. Der Familienvater Marian stirbt, Witwe Margareta ist eine geizige Frau. Sie, die Töchter und der Schwiegersohn suchen einen Schatz, den der Verstorbene angeblich versteckt hat. Es gibt Zoff, und mittendrin taucht der scheinbar Tote wieder auf. Sein Spiel führt ihm das wahre Gesicht seiner Familie vor Augen.
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Dande Popescu: "Geld, Geld, Geld"
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Dande Popescu: "Geld, Geld, Geld"
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Dande Popescu: "Geld, Geld, Geld"
Bildquelle: © Maria Balanean
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Dande Popescu: "Geld, Geld, Geld"
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Dande Popescu: "Geld, Geld, Geld"
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Dande Popescu: "Geld, Geld, Geld"
Bildquelle: © Maria Balanean
Ein ganzes Bündel an Themen verhandelt „Die Ursuppe“ von Komponist Sebastian Androne-Nakanishi: Ehestreit, Klimakrise, Zeitreise. Sogar Greta von „Fridays for future“ taucht auf. Das passt zur Herangehensweise von Sebastian Androne - Nakanishi: Er schöpft aus dem Vollen, mit Zitaten aus Filmmusik, Oper, Pop und Folklore und schafft ganz ohne stilistische Schublade seinen eigenen, modernen Sound.
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Sebastian Androne-Nakanishi: "Die Ursuppe"
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Sebastian Androne-Nakanishi: "Die Ursuppe"
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Sebastian Androne-Nakanishi: "Die Ursuppe"
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Sebastian Androne-Nakanishi: "Die Ursuppe"
Bildquelle: © Maria Balanean
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Sebastian Androne-Nakanishi: "Die Ursuppe"
Bildquelle: © Goethe-Institut
Sebastian Androne - Nakanishi liegt voll auf Erfolgskurs: Anfang dieses Jahres wurde er bei den „International Classical Music Awards“ als Komponist des Jahres ausgezeichnet. Rumänien hat er inzwischen verlassen. Er lebt in der Schweiz und macht in Zürich seinen Master in Komposition für Film, Theater und Medien.
Es war hart für mich, mein Ego runterzuschrauben und zu verstehen, dass ich Teil eines größeren Ganzen bin.
Zusammenarbeit war das große Thema bei „Opera in your pocket“. Teamwork statt kreativem Eigenbrödlertum. Das konnte fordernd sein, gerade für diejenigen, die es gewöhnt sind, ihren Part alleine zu erledigen, wie Komponistinnen und Komponisten. Gerade darin liegt die Kraft des Projektes: Gemeinsam wirken und dadurch vorleben, was auch gesellschaftlich - abseits der Bühne - gefragt ist.
„Opera in your pocket“ des Goethe-Instituts und der Universität Bukarest bringt einen Stein ins Rollen. Und der wird nicht nur der Kulturszene, sondern der ganzen Gesellschaft einen Schubser geben.