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Affekt Das Hervorrufen bestimmter Gemütsbewegungen durch Musik

Ob in moderner Filmmusik oder in Barockmusik: wie genau welche Gefühle beim Zuhörer hervorgerufen werden, folgt bestimmten Regeln. Im Barock wurden diese Tricks und Kniffe in der so genannten Affektenlehre zusammengefasst.

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"Der Ausdruck leidenschaftlicher Empfindungen ist der Hauptgegenstand der Tonkunst."

So definierte es Heinrich Christoph Koch 1802 in seinem Musikalischen Lexikon unter dem Stichwort "Leidenschaft, Affect". Und sprach damit ein Thema an, das schon Plato und Aristoteles beschäftigt hatte - die sich zwar über die Anzahl der Affekte stritten, aber immerhin darin einig waren, dass Affekte in der menschlichen Seele immer von etwas Äußerem hervorgerufen werden müssten. Zum Beispiel von der Musik: Vom ernsten Wesen des Dorischen Modus ist da bei Plato etwa die Rede, oder vom kriegerischen des Phrygischen.

SEIT TAUSENDEN JAHREN IN DER DISKUSSION

Diese frühe Art der Tonartencharakteristik setzte sich im Mittelalter fort, als man vom Ethos der einzelnen Kirchentonarten sprach, die in den zeitgenössischen Hörern jeweils bestimmte Affekte hervorrufen sollten. Der Renaissancetheoretiker Giuseffo Zarlino teilte 1558 auch Intervallen bestimmte Affekte zu: Große Terz und große Sexte für die freudigen Affekte zum Beispiel, kleine Terz und Sexte für die traurigen.

HOCH-ZEIT IM BAROCK

Ihre eigentliche Blütezeit erfuhr die sogenannte Affektenlehre jedoch erst im Barock. Das ging so weit, dass Johann Mattheson in seinem Lehrbuch "Der vollkommene Capellmeister" von 1739 gar die große Verantwortung des modernen Musikers für die Moral der Gesellschaft herausstellte:

"Zwar ist es an dem, dass diejenigen unter den Affecten, welche uns von Natur am meisten anhangen, nicht die besten sind, und allerdings beschnitten oder im Zügel gehalten werden müssen. Das ist ein Stück der Sitten-Lehre, die ein vollkommener Ton-Meister auf alle Weise inne haben muss, will er anders Tugenden und Laster mit seinen Klängen wohl vorstellen, und dem Gemüthe des Zuhörers die Liebe zu jenen, und den Abscheu vor diesen geschickt einflößen. Denn das ist die rechte Eigenschafft der Music, dass sie eine Zucht-Lehre vor andern sei."

Und der Jesuit Athanasius Kircher beschreibt in seiner "Musurgia universalis" aus dem Jahr 1650 kundig, wie diese sittliche Beeinflussung des Hörers denn praktisch vor sich zu gehen habe:

"Affectus amoris ist ein solche Passion oder Verlangen der Schönheit der geliebten Sach zu genießen. Die motus aber bei den Liebenden sind bald hefftig, bald schwach - darnach muß auch die Composition angerichtet werden."

NATURGEGEBEN ODER ANERZOGEN?

Insgesamt ist im 18. Jahrhundert eine deutliche Systematisierung der Affektenlehre festzustellen. Bestimmten Affekten wurden bestimmte musikalische Formeln zugeordnet, die seinerzeit jeder Gebildete verstand. Dieses zunehmend mechanistische Verständnis der Affekte forderte jedoch immer wieder auch Kritik heraus, und man diskutierte, ob das nicht nur jeweils innerhalb einer gleich geprägten Gruppe funktionieren könne, während etwa andere Nationalitäten oder spätere Generationen ratlos vor diesen Formeln stehen müssten. Eine sehr berechtigte Frage sicherlich. Was die Komponisten jedoch nicht daran hinderte, diese Formeln weiter einzusetzen. Und wenn man sich beispielsweise die Stilmittel zum Ausdruck der Freude in Bachs Weihnachtsoratorium anhört - wie Dur-Harmonik, bewegte Melodie, flottes Tempo, Dreiertakt etc -  kann man nur sagen: Zum Glück!

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 1. März 2015, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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