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Byzanz Frühes musikalisches Weltreich

Byzanz - oder Istanbul, wie es heute heißt - assoziiert man gemeinhin eher mit dem Ruf der Muezzine, als mit frühchristlichen Choralgesängen. Doch die Stadt war auch über 1.000 Jahre das christliche Zentrum des Ostens, mit allen musikalischen Konsequenzen...

Bildquelle: © Milos Radevic

Byzanz - Konstantinopel - Istanbul: Wer kennt sie nicht, diese prächtige Stadt am Bosporus mit der Hagia Sofia, der Hagia Eirene, ihren Zisternen und sonstigen Bauwerken aus frühchristlicher Zeit? Dieses Byzanz war vom frühen 4. Jahrhundert bis zum Einfall der Osmanen 1453 Hauptstadt des römischen beziehungsweise oströmischen Kaiserreichs und damit auch der christlichen Kirchen des Ostens. Und in deren Liturgie spielt die Musik, insbesondere der einstimmige Gesang, eine besondere Rolle. Der Slawist Professor Christian Hannick, der das Ostkirchliche Institut Würzburg leitet, ist einer der ganz wenigen Spezialisten weltweit für diese Musik:

"Die ältesten Musikhandschriften, die wir haben im Bereich des byzantinischen Ritus, also auf Griechisch, mit Notation, stammen aus dem 9., 10. Jahrhundert. 935 eine größere Menge im 12. Jahrhundert. Die größte Menge, die wir haben, ist natürlich aus der Neuzeit, aber zum Beispiel aus dem 13., 14. Jahrhundert haben wir Hunderte von Musikhandschriften."

Die Wurzeln dieses byzantinischen Chorals liegen dabei - ebenso wie die der Gregorianik - einerseits in der ambrosianischen Tradition. Aber, betont Hannick:

"Die andere Quelle ist die Übernahme von der Gesangstradition aus dem syrischen Raum, syrisch-palästinensisch. Das ist die Brutstätte des christlichen Gesangs - nicht Konstantinopel, das ist sekundär!"

Entwicklung im Vergleich zur Gregorianik

Im frühen Mittelalter unterschieden sich Gregorianischer und Byzantinischer Choral auch noch nicht groß. Die Trennung vollzog sich erst dann wirklich, als man für die Gregorianik im Laufe des 9. und 10. Jahrhunderts im weströmischen Kaiserreich nach einer immer präziseren Notation strebte, bei der schließlich auch die Tonhöhe der Stücke festgelegt wurde. Und zwar entwickelte sich auch die byzantinische Notation weiter, aber bis zum heutigen Tag werden dort nur die Intervalle der Melodie, nicht aber absolute Tonhöhen notiert. Und auch die acht Echoi genannten Tonarten - die im Wesentlichen den gregorianischen Modi entsprechen - sind nicht auf eine bestimmte Tonhöhe festgelegt, so Hannick:

"Also ob Sie g-f-e-d-c oder a-g-fis-e-d singen, das ist egal, das hängt von der Stimme ab. Sie müssen nur wissen, wenn jemand nicht aufpasst und den Gesang im Voraus kurz studiert hat, es kann passieren, dass er irgendwie außerhalb des Registers kommt, wo er nicht mehr kann..."

Denn der Tonumfang so eines festlichen byzantinischen Chorals kann durchaus bis zu zwei Oktaven umfassen - während in der Gregorianik kaum mal ein Gesang über eine Oktave hinausgeht. Soweit also die byzantinische Kirchenmusik - die übrigens auch nach dem Fall der Stadt 1453 in den meisten orthodoxen Kirchen weiter verwendet wurde; in manchen bis heute.

Weltliche Musik?

Aber natürlich gab es im oströmischen Reich auch ganz viel weltliche Musik, betont Hannick:

"Wir haben ein Traktat zum Beispiel des Kaisers Constantinos VII. aus dem 10. Jahrhundert, wo er die Zeremonien am Hof genau beschreibt. Er erwähnt zig Gesänge, meistens Gesänge, die mit Instrumentalbegleitung ausgeführt worden sind, aber davon ist nicht die geringste Spur erhalten mit Notation. So wir wissen nicht im geringsten, wie es geklungen hat."

Ein kleines bisschen Volksmusik ist aber doch überliefert; jedoch: Auch das verdanken wir nur dem - hier im wahrsten Sinne des Wortes - konservativen Geist der Kirche: Denn die zwei, drei erhaltenen Handschriften mit eher weltlichen Gesängen liegen - in den Athosklöstern!

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 30. September 2018, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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