Bildquelle: Massimo Denaro
Wie viele Lautenisten seiner Generation, kommt Crawford Young über die Gitarre zur Laute. Als er eine Aufnahme von Thomas Binkleys "Studio der frühen Musik" hört, ist es um ihn geschehen. Nach seinem Abschluss in klassischer Gitarre, Laute und Tenorbanjo wendet sich Crawford Young endgültig der Laute zu und studiert 1977 für ein Jahr beim Charismatiker Thomas Binkley in Stanford. Eine große, aber sehr reizvolle Herausforderung ist die Unvollständigkeit von überlieferter Musik.
Was wir heute haben, was erhalten ist, das ist fast ausschließlich höfische Musik. Man kann aber schon auch von einer frühen Art Volksmusik sprechen oder populären Sachen, aber die sind zum Teil nicht mehr da. Und das ist unser erstes Problem. Was aufgeschrieben wurde und heute noch da ist, das ist wirklich nur eine kleine Ecke vom Ganzen.
Um diese Musik zu rekonstruieren, ist ein großes Maß an Vorstellungsvermögen und Phantasie gefragt - Eigenschaften, die Crawford Young mit einer gründlichen Kenntnis der historischen Quellen verbindet.
Man findet kein Traktat, wo 'improvisationere' oder so ähnlich steht. Die reden zwar schon von 'auf dem Buch singen', und das bedeutet schon etwas erfinden. Aber meine Frage ist dann wieder, das, was sie in dem Moment gemacht haben, war das auswendig gelernt oder wirklich etwas Freies, etwas ganz Neues. Ich denke, eher das Erste.
Crawford Young kommt nach Europa und wird hier Lautenist der einflussreichen Mittelalter-Gruppe Sequentia, bei der er von 1978 bis 1981 spielt. Im Anschluss daran geht er nach Basel an eine der zentralen Ausbildungsstätten der Alten Musik: die Schola Cantorum. Bis heute unterrichtet er hier Laute und Ensemblespiel als Spezialist für die Musik von Mittelalter und Renaissance. Crawford Young ist aber auch weiterhin als Musiker aktiv und umtriebig, unter anderem mit dem "Ferrara Ensemble" und dem "Project Ars Nova". Ein breiteres Musikpublikum kennt Crawford Young vor allem als langjährigen Begleiter des Countertenors Andreas Scholl.
Eine typische Spieltechnik in der Frühzeit der Laute ist der Anschlag mit einem Plektrum. Crawford Young experimentiert jahrelang mit verschiedenen Materialien und Formen, bis er sich schließlich für eine Straußenfeder entscheidet. Viel später erst entdeckt er in barocken Mandolinen-Schulen, dass diese Federn auch historisch eine bevorzugte Wahl waren. Ein reiner Zufall, wie er versichert. Aber doch einer, der zeigt, dass Crawford Young sich so gut in die entsprechende Zeit hineinversetzen kann, dass er tatsächlich zum gleichen Ergebnis kommt. Kein Wunder, das jüngere Alte Musik-Generationen ihn als Autorität und Vorbild schätzen und achten.