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Das Wort "Hemiole" leitet sich her vom griechischen "hemiolios" (eineinhalb) und bezeichnet das Verhältnis 3 zu 2. In der Mensuralnotation, der alten Notation des 15. bis 17. Jahrhunderts, ist eine Hemiole dementsprechend eine Gruppe von drei Brevisnoten, die durch Schwärzung in zwei Brevisnoten desselben Wertes verwandelt werden. Der Eindruck, der sich beim Hören einer solchen Wendung einstellt, ist der eines Wechsels der Gangart, einer Änderung des Bewegungsmusters, mit einem Wort eines Taktwechsels - der allerdings als solcher nicht notiert ist, sondern durch Akzente oder Überbindungen suggeriert wird: In der modernen Notation ist eine Hemiole eine rhythmische Konstellation, bei der 2 Dreiertakte in 3 Zweiertakte verwandelt werden. Aus 2 mal drei Schlägen werden, 3 mal zwei Schläge:
In der Barockmusik sind in Stücken im Dreiertakt Hemiolen weit verbreitet. Vor allem bei Kadenzierungen zu Phrasen- oder Satzabschlüssen (als quasi auskomponiertes Ritardando) begegnen sie einem überall - in Tanzsätzen in Suite und Oper, in Sätzen aus Concerto grosso und Solokonzert oder auch in Chorsätzen in Oper, Oratorium und Kantate.
Nach dem Barockzeitalter zeigen zum Beispiel Robert Schumann und Johannes Brahms wieder eine besondere Vorliebe für Hemiolenbildungen - eindrucksvoll der musikalisch überschäumende Anfang von Schumanns "Rheinischer Symphonie", der gleich zu Beginn drei Hemiolen aneinanderreiht. Für Bedřich Smetana und Antonín Dvořák wird die Hemiole sogar zu einer Art Visitenkarte ihrer nationalen Identität. Ist doch die Hemiole das charakteristische Merkmal des Furiants - neben der Polka der populärste böhmische Volkstanz überhaupt und der tschechische Nationaltanz schlechthin. Fast jeder Furiant beginnt mit zwei 3/4-Takten, deren Schwerpunkte so gesetzt sind, als wären es drei 2/4-Takte: Die Hemiole - sie ist das Markenzeichen des Furiants.