Sie wurde als 5-Jährige zum König gebracht, um ihm vorzuspielen – spätestens als Ludwig XIV. das Mädchen als würdig erachtete, von ihm gefördert zu werden, war klar: in Elisabeth Jacquet steckt ein ganz außergewöhnlich großes Talent.
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"Schon der mächtige König hat Euren Genius erkannt,
mehr als einmal habt Ihr ihn erfolgreich entzückt,
mit den zärtlichsten Akkorden, die aus Euren Harmonien entstehen,
und was mehr könntet Ihr wollen als dadurch Anerkennung zu finden?"
Das stand 1691 im "Mercure Galant" zu lesen, einer der stilprägenden Zeitschriften des französischen Barocks. Gerichtet waren diese Worte an Elisabeth-Claude Jacquet de la Guerre, damals Mitte zwanzig. Der König, von dem hier die Rede ist, ist Ludwig XIV., und auf "La petite Jacquet" war er zwei Jahrzehnte zuvor aufmerksam geworden, als ihm das gerade mal fünfjährige Wunderkind präsentiert worden war. Elisabeth-Claude spielte Cembalo, sie sang dazu, und bezauberte Ludwig XIV., der sie künftig förderte und unterstützte auf ihrem Weg zu einer der bedeutendsten Komponistinnen und Interpretinnen ihrer Zeit.
Sie entstammte einer Musikerfamilie, doch dass eine Tochter eine so umfassende Ausbildung wie Elisabeth-Claude Jacquet erhielt, war ungewöhnlich. Ebenso, dass sie ihren Namen behielt, als sie den Organisten Marin de la Guerre heiratete und dass sie auch nach der Heirat Unterricht und Konzerte gab. Der Autor Évrard Titon du Tillet bescheinigte ihr "ein erstaunliches Talent für die Improvisation und Fantasien aus dem Stegreif zu spielen, und manchmal folgt sie eine ganze halbe Stunde einer Melodie in einem Prélude oder einer Fantasie und verziert sie mit Akkorden, die extrem abwechslungsreich und außergewöhnlich geschmackvoll sind, was ihr Publikum ganz verzaubert."
Neben Suiten für Cembalo und Sonaten für kleinere Kammermusikbesetzungen, die durch Expressivität und Ideenreichtum überzeugen, hat Jacquet de la Guerre auch, vermutlich als erste Französin überhaupt, eine Oper geschrieben. Allerdings wurde "Céphale et Procris" bei der Uraufführung an der Académie Royale da la Musique nicht sonderlich gut aufgenommen. Im Gegensatz dazu stehen ihre Kantaten: in denen erzählt sie von Samson, von Esther, von Jacob und Rachel oder auch von Odysseus, der im Sturm Schiffbruch erleidet, danach aber von Minerva gerettet wird. In dieser kürzeren dramatischen Form, ob geistlich oder weltlich, komponierte sie ausdrucksstark, voller Affekte, und brachte es zu wahrer Meisterschaft.
Sendungsthema aus "Forum Alte Musik" vom 9. Januar 2021, 22.05 Uhr auf BR-KLASSIK