Welch eine Erfolgsgeschichte: ein kleiner italienischer Junge wird nach Frankreich gebracht, verzaubert den König und prägt das französische Musikleben stärker und nachhaltiger als alle anderen.
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Giovanni Battista ist 13 Jahre alt, als er von einem französischen Gesandten als Spielkamerad eingekauft wird. Der Müllersohn hatte bei einer Karnevalveranstaltung die Florentier gekonnt zum Lachen gebracht. Man wird sich über den Preis einig, und Giovanni Battista, der von nun an Jean-Baptiste heißt, kommt nach Paris, wo er mit der Nichte des Königs italienische Konversation betreiben muss. Jean-Baptiste erweist sich auch in den Künsten als äußerst begabt. Er vervollkommnet sein Gitarren- und sein Violinspiel. Und tanzen lernt er. Bei keinem Geringeren als beim Tanzmeister des Königs. Der kleine Ludwig XIV. muss diesen fünf Jahre älteren Jungen bewundert haben, der scheinbar mühelos die kompliziertesten Schrittfolgen vollführte, und dabei noch als Bettler, Krüppel oder Grazie herumblödelte.
Ballet du Palais d'Alcine - Ballet de la Naissance de Vénus - La Réception faite par un Gentilhomme de campagne - Le Triomphe Bacchus dans les Indes, Ballet des muses - Le carnaval - La grotte de Versailles - Ballet de Flore - Le Triomphe de l'Amour et de Bacchus…
Jean-Baptiste Lullys wunderbarer Aufstieg vom unmündigen Leibeigenen zum Conseiller secrétaire du roi geschieht nicht aufgrund seiner musikalischen Begabung. Es sind seine Tanzeinlagen und Parodien, die den zukünftigen Sonnenkönig verzaubern. Als Francescos Cavallis "Xerxes" 1660 in Paris aufgeführt wird, komponiert Lully getanzte Intermedien als Verschnaufpausen für die Zuschauer, wobei er natürlich selbst in mehreren Rollen auftritt. 1661 wird Lully von Ludwig XIV. zum Oberaufseher der königlichen Musik ernannt. Diese Stellung sowie die französische Staatsbürgerschaft erlauben es Lully, die Tochter seines Mentors und Kollegen Michel Lambert zu heiraten.
25 Jahre bleibt Jean-Baptiste Lully der unangefochtene Lieblingskomponist des Sonnenkönigs. Er schreibt die Musik zu mehr als 50 Bühnenwerken, dazu noch Lieder, Motetten und Tänze. Doch der Erfolg hat seinen Preis: überall lauern Intrigen. Schließlich gelingt es der Mätresse des Königs, ihm Lully wegen dessen homosexueller Neigung madig zu machen. Und die Sonne wendet sich ab. Bei einer Probe rammt sich der 55jährige Komponist den schweren Dirigentenstock in den Fuß. Die Wunde entzündet sich, und Lully, der Tänzer, stirbt, weil er sich weigert, den Fuß amputieren zu lassen.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 27. Juli 2014 um 12.05 Uhr, auf BR-KLASSIK