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Johann Valentin Rathgeber Fränkischer Benediktinermönch und Komponist

Manchmal muss man einfach sein Leben ändern: Mit knapp 50 Jahren entfloh der Benediktinermönch Johann Valentin Rathgeber dem Kloster und begab sich auf Wanderschaft, um die Freuden des Lebens zu studieren – und zu komponieren.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

"Ohren-vergnügendes und Gemüth-ergötzendes Tafel-Confect,
bestehend in kurtzweiligen Sing- oder Tafel-Stucken von 1, 2, 3 oder 4 Stimmen,
mit einem Clavier oder Violoncello zu accompagnieren,
zur angenehmen Zeit-Vertreib und zur Aufmunterung melancholischen Humeurs,
aufgetragen und vorgesetzt von einem recht gut meinenden Liebhaber im Jahr,
wo man hier fröhlich und lustig war."

So lautet die Titelei jener Sammlung von Quodlibets und Generalbassliedern, die der sonn- und feiertäglichen Mittagssendung, die seit 1952 im Bayerischen Rundfunk läuft, ihren Namen gab: "Tafel-Confect". Der Bonvivant, der die Stücke der Sammlung in den 1730er Jahren und um 1740 komponierte, wollte anonym bleiben. Kein Wunder: Der Pate des "Tafel-Confects" war ein Pater: Johann Valentin Rathgeber, OSB - Ordinis Sancti Benedicti, Mitglied des Ordens des Heiligen Benedikt.

SKANDAL!

Als Sohn eines Organisten und Schullehrers wurde Rathgeber im Unterfränkischen geboren. In Würzburg studierte er zunächst Rhetorik, Mathematik und Rechtswissenschaft, später Theologie. 1711 erhielt er die Priesterweihe und wurde Organist, Chorleiter und Prediger im Kloster Banz. Dann büchste er aus: Am 22. Oktober 1729 verließ er "morgens, im gewöhnlichen Anzug... und ohne sich um die Fragen des Abtes und anderer Standesgenossen um den Zweck seines Ausganges zu bekümmern" eigenmächtig und unerlaubt das Kloster.

WEIN, WURST UND GESANG

Neun Jahre sollte seine "Geniereise", seine "Kavalierstour" dauern. Sie führte ihn nach Mainz, Bonn, Köln, Trier, Stuttgart, Regensburg und Wien, in die Steiermark und in die Schweiz. 1738 kehrte der "Aussteiger" reuevoll nach Banz zurück. Er wurde rehabilitiert. Denn seine Absenz vom Kloster hatte er nicht nur dazu genutzt, um jedes gute Essen und jede edle Flasche Wein zu genießen, sondern auch um den Standard der kirchenmusikalischen Komposition seiner Kollegen andernorts zu studieren. Gefällige Gebrauchsmusik nach der Art der Stücke des "Tafel-Confects" und gelehrte Musica Sacra: Das handwerklich Solide, die melodische Attraktivität und ein ganz spezieller Charme und Witz in der Attitüde - diese Mischung macht nicht zuletzt die zeitlose "Modernität" des spätbarocken Komponierens von Johann Valentin Rathgeber aus.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 7. Februar 2010, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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