Bildquelle: Andy Staples
Stichwort | 02.10.2016
King's Singers
Ein Riesenspektakel ist das alljährliche Boat Race auf der Themse im Herzen Londons. Hier geht es um die Ehre, wenn die Ruderer der Universitäten von Oxford und Cambridge gegeneinander antreten. Ob auch diese sechs Studenten des altehrwürdigen King's College in Cambridge sich für das Rudern begeistern konnten, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Aber sie pflegten eine andere in England stark verwurzelte Tradition: das Chorsingen. Bereits 1965 nahmen sie als Schola Cantorum Pro Musica Profana in Cantabridgiense ihr erstes Album auf. Drei Jahre später wählte die Gruppe für ein Konzert in der Londoner Queen Elisabeth Hall in Anlehnung an ihre Ausbildungsstätte einen griffigeren Namen: die King's Singers waren geboren.
Bei den King's Singers gibt es eine tiefe Stimme mehr als es bei Vokalsextetten sonst üblich ist: einen Bass und zwei Baritone, dafür aber nur einen Tenor. Das Klanggefüge verschiebt sich insgesamt leicht nach unten, die höheren Stimmregister mit den beiden Counter-Tenören gewinnen an Klarheit. Was sich ursprünglich eher zufällig ergeben hatte, wurde schließlich zum typischen Sound. Eine weitere Besonderheit der King's Singers ist natürlich ihr Repertoire. Ob Polyphonie der Renaissance, Romantisches oder die populären Folk-, Jazz- und Pop-Arrangements, alle Stilbereiche werden gewissenhaft erarbeitet und mit unvergleichlicher Nonchalance dargeboten - immer gewürzt mit einer guten Prise britischen Humors. In der Neuen Musik haben viele Komponisten von Luciano Berio bis Toru Takemitsu eigens für die King's Singers geschrieben.
Zahlreiche Umbesetzungen im Laufe der nunmehr fast 50-jährigen Ensemble-Geschichte konnten dem immensen Erfolg nichts anhaben. Die King's Singers sind zur Ikone geworden. Sie geben unzählige Konzerte auf der ganzen Welt, sind mit zahlreichen Preisen gesegnet und haben mehr als 150 Einspielungen veröffentlicht. Wo sie auftreten, werden sie gefeiert. Den Ruder-Sport in allen Ehren: Einen besseren Dienst als diese sechs Sänger kann man dem King's College wohl nicht erweisen.