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Stichwort | 29.12.2019
Musikerporträts
Leipzig, im Jahr 1746: Elias Gottlob Haußmann malt ein Porträt; er ist Bediensteter der Stadt und das Porträtieren sein täglich Brot. Ratsherren, Geistliche, auch Professoren malt er. Diesmal ist es der Thomaskantor, den er da in Öl verewigt: Johann Sebastian Bach. In der rechten Hand hält er ein Notenblatt, darauf einer seiner Rätselkanons. Bach braucht das Bild vermutlich für seine Aufnahme in die "Correspondierende Societät der musicalischen Wissenschaften".
Streng blickt Bach auf dem Bild, er trägt Perücke und eine schwarze Jacke. Es ist eine Momentaufnahme und doch - durch tausendfache Vervielfältigung - auch ein ewiges Zeugnis. Es prägt das Bild, das wir heute von ihm haben. Und es wirkt eher wie ein Passbild, weniger wie ein Künstlerporträt.
Ganz anders, viel bunter und wohl auch persönlicher, ist das Gemälde, das Francois de Troy 1695 von Elisabeth-Claude Jacquet de la Guerre malt: Jacquet de la Guerre ist damals die vielleicht wichtigste Komponistin Frankreichs. Sie sitzt am Cembalo, und auch sie hält ein Notenblatt in der Hand. Eine rosafarbene Seidenstola umspielt sie, die obersten Knöpfe ihres blauen Kleides sind geöffnet.
Sie blickt den Betrachter mit einem leisen, selbstbewussten Lächeln an. In ihrem Testament verfügt sie, dass ihr Cousin mehrere Bilder, darunter eines aus ihren Kindertagen, sowie eine Büste bekommt. Damit verbunden ist die Bitte, er solle es zu seinen Lebzeiten nicht verkaufen und später einer Person vermachen, die sich ihrer im Gebet erinnern möge.
Von Wolfgang Amadeus Mozart gibt es verschiedene Porträts, sie zeigen ihn alleine oder mit seiner Familie, als Kind oder als Erwachsenen. Und dann gibt es das Porträt, das sein Schwager Joseph Lange 1789 von ihm gemalt hat. Es zeigt Mozart von der Seite, er blickt konzentriert nach links unten. Lange hat dieses Bild nie vollendet. Allerdings hat er, 20 Jahre nach Mozarts Tod, seinen Eindruck von ihm schriftlich festgehalten:
"Nie war Mozart weniger in seinen Gesprächen und Handlungen für einen großen Mann zu erkennen, als wenn er gerade mit einem wichtigen Werke beschäftigt war. Entweder verbarg er vorsetzlich aus nicht zu enthüllenden Ursachen seinen innere Anstrengung unter äußerer Frivolität; oder er gefiel sich darin, die göttlichen Ideen seiner Musik mit den Einfällen platter Alltäglichkeit in scharfen Kontrast zu bringen, und durch eine Art von Selbst-Ironie sich zu ergetzen." Zitat Joseph Lange
Manche Musiker wurden mit Münzporträts bedacht, die sehr klein sind und nicht sehr genau. Von anderen gibt es Druckgraphiken in Notenausgaben, auch die sind nicht sonderlich detailgetreu. Wesentlich exakter sind da die Gemälde, auf denen nicht selten der größte Maler seiner Zeit den größten Komponist abbildet: Jan van Eyck zum Beispiel hat 1432 Gilles Binchois porträtiert.
Mit der Erfindung der Fotographie schließlich ist das gemalte Bild nicht mehr die einzige Möglichkeit, ein Porträt zu erhalten. Es gibt aber immer noch zahlreiche Musiker, die sich malen lassen: etwa Igor Strawinsky, den Alberto Giacometti verewigt, oder Manuel de Falla, den Salvador Dali mit Bleistift auf Papier bannt.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 29. Dezember 2019, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK