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Stichwort - Schrank II Eine historische Musiksammlung in Dresden

Der sogenannte "Schrank II" blieb ein Jahrhundert unbeachtet. Erst 1860 ließ ihn der damalige Hofkapellmeister Julius Rietz öffnen und entdeckte die darin aufbewahrte Sammlung: Rund 1750 Quellen, ausschließlich Instrumentalmusik, zumeist als Manuskripte, in Fächern und Lagen alphabetisch nach Komponisten geordnet.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

1760 - das vierte Jahr des Siebenjährigen Krieges. Dresden liegt unter heftigem Artilleriebeschuss der preußischen. Weite Teile der Stadt gehen in Flammen auf, auch das Prinzenpalais mit dem Notenarchiv und dem Instrumentenfundus der Dresdner Hofkapelle. Dennoch sind wir über das Repertoire des legendären, ruhmreichen Orchesters während seiner großen Zeit in der Ära von August dem Starken informiert. Und zwar durch eine umfangreiche Notensammlung, die vom Feuer des Kriegsjahres 1760 verschont blieb. Sie stammt aus dem Nachlass des Komponisten und Geigers Johann Georg Pisendel. Seit 1712 war er Mitglied der Dresdner Hofkapelle, seit 1728 deren Konzertmeister. Nach seinem Tod 1755 kaufte der Dresdner Hof die komplette Notensammlung auf und deponierte sie in einem Schrank im Vorraum zum Orgelchor der vom Krieg unbehelligt gebliebenen katholischen Hofkirche.

Von Agrell bis Zipoli

Der sogenannte "Schrank II" blieb ein Jahrhundert unbeachtet. Erst 1860 ließ ihn der damalige Hofkapellmeister Julius Rietz öffnen und entdeckte die darin aufbewahrte Sammlung: Rund 1750 Quellen, ausschließlich Instrumentalmusik, zumeist als Manuskripte, in Fächern und Lagen alphabetisch nach Komponisten geordnet - von Adam bis Zelenka, von Agrell bis Zipoli, inklusive ganz großer Namen wie Händel, Telemann und Vivaldi. "Für mich ist das eine Riesen-Schatzkiste, möchte ich sagen, dieses Repertoire, und für meinen Geschmack spiele ich das in meinem beruflichen Alltag viel zu wenig",  sagt die Barock-Oboistin Xenia Löffler, die mit der Batzdorfer Hofkapelle eine ganze Reihe von Werken aus Schrank II aufgeführt und eingespielt hat. "Ich glaube, es ist noch lange nicht erschöpft dieses Repertoire wirklich aufzuarbeiten und zu präsentieren. Da schlummert noch so viel."

Vom Schrank ins Netz

Übrigens: Der Schrank selbst existiert schon lange nicht mehr, und keiner weiß, wie er eigentlich ausgesehen hat. Nach seiner Öffnung ging die Notensammlung zunächst in den Bestand der Königlichen Privatmusikaliensammlung ein, dann in den der Königlichen Öffentlichen Bibliothek. Heute gehört sie der SLUB, der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. Mittlerweile ist die Sammlung auch digitalisiert, wie Barbara Wiermann, seit 2015 Leiterin der Musikabteilung der SLUB, erläutert: "Das Digitalisierungsprojekt hat eben drei Jahre gedauert, das ist eine übliche Förderphase von der deutschen Forschungsgemeinschaft - es wurde ja von der deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert. Es gibt unterschiedliche Mitarbeiter in so einem Projekt, es war eine Stelle wissenschaftliche Mitarbeiter, die allerdings auf zwei Personen verteilt war, dann gab es eine wissenschaftliche Hilfskraft und es gab Scan-Operatoren."

Nach mühevoller Team-Arbeit sind die Noten aus Schrank II im Internet nun für jedermann leicht zugänglich, können angesehen und ausgedruckt werden. Ein der bedeutendsten historischen Musiksammlungen Deutschland ist aus dem Schrank ins Netz gegangen.

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