Bildquelle: picture-alliance/dpa
"Sieg der fruchtbaren Pomona" von Reinhart Keiser ist ein Bühnenstück, das vom Wettstreit einiger Götter erzählt, aus dem dann Jupiter als Sieger hervorgeht. Laut Partitur eine "Operetta", laut Libretto ein Singespiel. Nein, so richtig klar lässt sich der Begriff "Singspiel" nicht definieren. Und ließ er sich auch zu keiner Zeit. Sehr verallgemeinernd lässt sich sagen: ein Singspiel ist ein Bühnenwerk, in dem Musik vorkommt genauso wie gesprochener Text. Und es ist oft von recht heiterem Charakter; leichte Unterhaltung. Doch gibt es auch einige geistliche Singspiele. Manch einer definiert das Singspiel als kleine Schwester der ernsteren Oper, so auch der Dichter Christian Felix Weiße Mitte des 18. Jahrhunderts, der hier den Begriff "kleine komische Oper" synonym dazu verwendet:
"So viel ist gewiß, sie hat viel Unwahrscheinlichkeiten, sündiget oft wider die angenommenen Regeln der dramatischen Dichtkunst und die Moral - freylich muß diese oft dem Vergnügen weichen!"
Entstanden ist das Singspiel im deutschsprachigen Raum, als es in England und Frankreich bereits die Form des Schauspiels mit musikalischen Einlagen gab. Das waren manchmal Theaterstücke, in die beliebte Lieder eingefügt wurden, manchmal auch komplette Neuschöpfungen. Einige dieser englischen ballad operas und französischen opéra comique schafften es auch auf deutsche Bühnen, im Original oder in deutscher Fassung. Da ließen es sich die Komponisten und Dichter hierzulande nicht nehmen, ganz eigene Werke zu schreiben. Einige sehr fruchtbare Künstlerduos gab es da: der eben schon zitierte Christian Felix Weiße schrieb gemeinsam mit dem Komponisten Johann Adam Hiller einige Singspiele, die oft aufgeführt und viel gelobt wurden. Heute wesentlich bekannter ist allerdings ein anderes Komponisten-Autoren-Gespann, das seine Stücke im Wien des 18. Jahrhunderts auf die Bühne brachte: Emanuel Schikaneder und Wolfgang Amadeus Mozart verfassten das wohl berühmteste Singspiel aller Zeiten, die "Zauberflöte". Ein Bühnenwerk, das grandiose Musik mit einer faszinierenden Handlung verbindet, die nicht zuletzt durch etliche reine Sprech-Stellen bestens verständlich ist.
Und haben es doch nicht "Singspiel" genannt, sondern "Große deutsche Oper". Wenn es bis dahin Unstimmigkeiten gegeben haben mag, ob nun der Text oder die Musik wichtiger sei, Mozart jedenfalls stellt klar, bei einem Singspiel müsse "schlechterdings die Poesie der Musick gehorsame Tochter seyn".