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Baulich gehört die Viola d'amore eher zu den Gamben. Der Korpus hat die typischen fallenden Schultern und meist einen glatten Boden. Doch gespielt wird sie nicht auf dem Schoß, sondern wie eine Geige oder Bratsche im Arm. Auch hat sie keine Bünde auf dem Griffbrett, einen längeren Wirbelkasten und häufig statt einer Schnecke einen geschnitzten Engelskopf mit verbundenen Augen, der auf den Gott Amor verweist. Zudem besitzt sie nicht nur vier, sondern fünf bis sieben Saiten, die häufig mit Resonanzsaiten unterlegt sind. Und die sind nicht wie damals üblich aus Darm, sondern aus Metall. All das macht den besonderen Klang der Viola d'amore aus, über den schon Johann Mattheson anno 1713 schwärmte.
"Die verliebte Viola d'amore führet den lieben Namen mit der Tat. Ihr Klang ist silbern, dabei überaus angenehm und lieblich."
Der charakteristische Klang des Instruments beruht auch auf seiner Stimmung, erklärt der Bratscher und Viola d'amore-Spieler Christian Heller von der Staatsphilharmonie Nürnberg.
"Die Geigen, Bratschen und Celli sind alle in Quinten gestimmt. Die Gamben sind in Quarten und Terzen gestimmt, und ähnlich ist es bei der Viola d'amore. Die klassische Viola d'amore, die sich dann durchgesetzt hat, ist im Dreiklang gestimmt. Das heißt es ist eine Quinte dabei, Quarten und Terzen."
Das erfordert beim Spielen eine andere Grifftechnik, besonders wenn wie bei Christian Heller die Bratsche das Hauptinstrument ist.
"Oh ja, das ist eine große Umstellung, da die gewohnten Greifreflexe nicht funktionieren. Wenn man gewohnt ist, bis zum 4. Finger bis zur Quinte zu spielen, dann kann ich das auf einer Saite der Viola d'amore auch so machen. Aber das besondere ist, dass man schneller zur nächst höheren Saite übergeht, wenn man eine Tonleiter spielt."
Ihre Blütezeit erlebte die Viola d'amore im 17. Und 18 Jahrhundert. Ariosti, Farinelli und Vivaldi etwa galten als Virtuosen auf diesem Instrument. Der berühmte Venezianer hat sogar sieben Solokonzerte für Viola d'amore geschrieben. Aber auch Telemann und Biber, Stamitz und Scarlatti, und viele weitere Komponisten schrieben Konzerte und Kammermusik für die Liebesgeige. Und Johann Sebastian Bach setzte ihr in der Johannespassion ein Denkmal. Im 19. Jahrhundert kam die Viola d'amore dann völlig aus der Mode, außer manchmal als exotischer Klangeffekt in der Oper. Etwa bei Meyerbeer in den "Hugenotten" oder bei Puccini in "Madame Butterfly". Im 20. Jahrhundert komponierte dann Hindemith wieder Musik für das fast vergessene Instrument. Doch im Zuge des neuen Interesses an Alter Musik in historischer Aufführungspraxis erlebt die Viola d'amore seit einigen Jahrzehnten eine kleine Renaissance. Ihrem Zauber kann man sich nicht so leicht entziehen.
"Ich schätze diesen farbigen Klang, diesen silbrigen Klang, dieses Obertonreiche. Bei der Viola d'amore kommt noch dazu, dass manche Akkorde sich sehr leicht spielen lassen. Und dass sich da auch eine ganz spezielle Literatur erschließen lässt."