Die Satire, also die Überhöhung ins Absurde, ist von jeher eine gute Möglichkeit, Kritik an den vorherrschenden Zuständen zu üben. In Spanien hatte die musikalische Satire ihren Höhepunkt um 1600 – und war richtig wild!
Bildquelle: colourbox.com
In Spanien werden in der Zeit zwischen 1550 und 1680, dem "Siglo de Oro", dem "Goldenen Zeitalter", zwischen den Akten der "großen" Theaterstücke zur Unterhaltung des Publikums Satiren mit Musik und Gesang dargeboten. Jacaras nennt man sie.
Und in diesen Jacaras geht es zur Sache: Das Leben und die Gewohnheiten von Schurken, Raufbolden und anderen zwielichtigen Gestalten werden dargestellt, von lichtscheuen Bordellgängern und Damen der Halbwelt. Und alle sprechen und singen sie in Umgangssprache – rau, derb, ungehobelt, mit beißendem Humor. Von wegen Belcanto. "De jacara" oder "de jacarilla" – so nennt sich der krude Stil.
Über das heitere Genre hält der Realismus, der Naturalismus, lange vor dem 19. Jahrhundert Einzug in die Hochkunst. Prominente Theaterautoren von Jacaras sind Pedro Calderón de la Barca und Francesco de Quevedo. Zu den Komponistennamen des Genres zählen zum Beispiel Juan de Araujo, der die Jacara in einer semi-geistlichen Variante auch für den Einsatz in der Kirche nutzbar machte.
Schließlich verselbstständigte sich die theatralische Jacara zu einer Gattung der reinen Instrumentalmusik – tänzerisch geprägt, mitreißend und eingängig. Santiago de Murcia und Juan Cabanilles sind Galionsfiguren der instrumentalen Jacara.
Nach dem "Siglo de Oro" verschwand die Jacara als eigenständige Gattung. Doch sie erwies sich als eine der Keimzellen für Gattungen, die ab dem 18. Jahrhundert die leichten Genres des spanischsprachigen Musiktheaters prägen sollten. Es sind dies die Tonadilla, die kurze, einaktige spanische Opera buffa, und die Zarzuella, das volkstümliche spanische Singspiel. "Jacarillo!"
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 22. Februar 2015, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK