Ein Pferd reißt die Weltherrschaft an sich: Der mittelalterliche "Roman de Fauvel" erzählt nicht nur eine skurrile Geschichte über Korruption und Machtmissbrauch, sondern enthält auch die Top-Hits des damaligen Pariser Musiklebens.
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Autor/Komponist:
Autor des Romans: vermutlich Gervais du Bus, Komponisten der im Roman enthaltenen Musikstücke: Jehannot de Lescurel, Philippe de Vitry (nicht gesichert) sowie zahlreiche anonyme Komponisten
Zeit und Ort:
Zwischen 1310 und 1320 in Paris
In den Top 99, weil:
…der Roman mit seinen Musikstücken ein lebhaftes kulturelles und politisches Panorama des Spätmittelalters in Frankreich entfaltet.
Wem dieses Stück gefällt, der mag auch:
"Die göttliche Komödie" von Dante, die nahezu zeitgleich mit dem "Roman de Fauvel" niedergeschrieben worden ist.
Empfehlenswerte Einspielungen:
Es gibt nur eine Gesamteinspielung aller Musikstücke des "Roman de Fauvel": mit der Boston Camerata unter der Leitung von Joel Cohen.
Vom selben Komponisten auch hörenswert:
Die isorhythmischen Motetten von Philippe de Vitry. "Isorhythmisch" - klingt abgehoben und formelhaft? Ist aber Musik von betörender Schönheit.
Wussten Sie übrigens, dass…
…Fauvel auf Deutsch "Falbe" heißt, also ein Pferd mit hellem Körper und dunkler Mähne bezeichnet? Gleichzeitig ist der Name in dem verschlüsselten Kontext der Satire ein Akrostichon aus verschiedenen Lastern: Flaterie (Schmeichelei), Avarice (Geiz), U/Vilanie (Niederträchtigkeit), Variété (Unbeständigkeit), Envie (Neid) und Lâcheté (Feigheit).
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 24. Januar 2021, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK