"Einblicke in das Musiktheater von heute" verspricht die Verlagsankündigung für das Buch "Oper - aber wie!?" von Richard Lorber, Opernredakteur beim WDR. 16 Interviews mit Persönlichkeiten wie Cecilia Bartoli, Thomas Hampson, Peter Konwitschny oder Christian Thielemann finden sich darin. In ihnen soll der Kunstform Oper nachgespürt werden.
Bildquelle: Bärenreiter/Metzler
Die Buchbesprechnung zum Nachhören
Natürlich ist die Oper eine eigenartige Kunstform. Warum müssen sich Menschen stundenlang ansingen, wenn sie auch reden können? Und dann versteht man oft noch nicht einmal, was da gesungen wird. Aber dann entsteht durch die Verbindung von Handlung, Gesang und Musik - wenn alles passt - ein Kunstwerk von unvergleichlicher, ja manchmal magischer Faszinationskraft.
Das Buch "Oper- aber wie!?" von Richard Lorber, mit Ausrufe und Fragezeichen versehen, widmet sich dieser eigentümlichen Kunstgattung in Form von Interviews mit Sängern, Regisseuren, Komponisten und Dirigenten. Wer glaubt, der Autor würde aus diesen Texten dem Titel entsprechend eine klug aufbereitete Bestandsaufnahme zeitgenössischer Opernkunst zusammenstellen, der wird allerdings enttäuscht. Lorber hat seine 16 Interviews, die im Lauf seiner Arbeit als Opernredakteur beim WDR entstanden sind, einfach kommentarlos aneinandergereiht und sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, sie thematisch aufeinander abzustimmen. Im Gegenteil, die Reihenfolge ist die sinnfreieste, die es gibt, nämlich eine alphabetische nach den Namen der Interviewpartner. Das ist dann doch ein wenig dürftig für einen erfahrenen Fachjournalisten, der sich jahrzehntelang mit der Oper und ihren Protagonisten beschäftigt hat. Ebenso dürftig ist es für einen Musik-Verlag, von dem man anderes gewohnt ist.
Wurde auch interviewt: Jonas Kaufmann | Bildquelle: © Gregor Hohenberg Es bleibt also dem geneigten Leser überlassen, aus den Interviews übergreifende höhere Einsichten über die Oper an sich zu destillieren, wenn man von einigen Hinweisen im Vorwort absieht: "Die hier versammelten Operngespräche präsentieren eine Auswahl unterschiedlichster Sichtweisen auf die Oper und das Handwerk des Oper-Machens", ist dort zu lesen. "So ist zum Beispiel Andrea Breth eine Regisseurin, die die Welt auf die Buhne holt, Christof Loy dagegen arbeitet eher introspektiv." Das heißt nicht, dass die Interviews mit Operngrößen wie Nikolaus Harnoncourt, Achim Freyer, Christian Thielemann, Jonas Kaufmann oder Cecilia Bartoli für sich genommen nicht interessant wären. Auch stellt Lorber durchaus kundige Fragen. Nur merkt man, dass diese Fragen für einen anderen Zweck als den des Buchs gestellt wurden.
Nur wenig etwa erfährt man von Wolfgang Rihm und Aribert Reimann - immerhin zwei der bedeutendsten zeitgenössischen Opernkomponisten - über das, was moderne Oper auszeichnet, welche konzeptuellen und ästhetischen Ideen sich damit verbinden lassen. Die Gespräche kreisen dagegen vor allem um konkrete musikalische Fragen. Ähnlich steht es mit den Sängerinterviews, beispielsweise mit Christian Gerhaher oder Jonas Kaufmann, in denen es vor allem um stimmliche Belange geht. Im Grunde ist der Titel des Buchs ein Etikettenschwindel, denn es geht nicht um Oper an sich, sondern um einzelne Personen und ihre Kunst. Am meisten über die Kunstform Oper erfährt man in den Gesprächen mit den Regisseuren Christoph Loy und Achim Freyer. "Genau das soll Theater bewirken, dass wir uns nahekommen, dass wir uns spiegeln in einer Weise des Denkens", fordert der große alte Theaterzauberer und gewesene Brecht-Schüler Freyer. Er hätte dem Autor gewiss auch sagen können, wie man ein besseres Buch über die Oper macht.
Gespräche mit Sängern, Dirigentn, Regisseuren, Komponisten
von Richard Lorber
266 Seiten, gebunden
Preis: € 24,95
erschienen im Bärenreiter/Metzler Verlag