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Christa Ludwig zum 90. Geburtstag Ein Leben für den Gesang

Unverkennbar im Timbre, hat die wunderbare Mezzosopranistin Christa Ludwig viele Liederabende zum Ereignis gemacht. Auf der Opernbühne und im Aufnahmestudio setzte sie Maßstäbe - in Werken von Mozart bis Berg. Am 16. März wird die Sängerin 90 Jahre alt.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Das Porträt zum Anhören

"Ich weiß nicht, ob ich diesen Beruf als Sängerin noch einmal ausüben würde, falls ich nochmal geboren würde. Sicher nicht!" Das sagte sie - und dabei war sie doch genau dies, beinahe 50 Jahre lang: eine Sängerin von Kopf bis Fuß, die ihr ganzes Leben auf den Gesang, auf ihre Stimme, dieses sensibelste und privateste Instrument des Menschen, fokussiert hatte. Christa Ludwig - die Mezzosopranistin mit der klangschönen, wohl timbrierten, leuchtend warmen Stimme, die - Verführung und Hexe zugleich - in dämonische Abgründe tauchen konnte und dabei umso mehr verführte. Die heute noch quicklebendige, geistig hellwache, liebenswert-fröhliche Künstlerin darf an ihrem 90. Geburtstag auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Sie war einfach für die Bühne geboren. Kein Wunder, denn als Kind zweier Sänger wurde sie wie selbstverständlich auf den Brettern, die die Welt bedeuten, groß. Die Bühne, sich auf ihr zu bewegen, sie singend zu bespielen, war für die am 16. März 1928 in Berlin geborene Künstlerin von klein auf das Selbstverständlichste der Welt. Von Anfang an nahm ihre Mutter, die Altistin und Gesangspädagogin Eugenie Besalla-Ludwig, sie in ihre gesangspädagogische Obhut und blieb die erste und einzige Lehrerin Christa Ludwigs.

Gelebte Weiblichkeit - privat und auf der Bühne

Der "Rosenkavalier" mit Christa Ludwig (als Maschallin) und Gwyneth Jones (als Oktavian) in der Wiener Staatsoper. 1968. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Christa Ludwig als Marschallin im "Rosenkavalier" | Bildquelle: picture-alliance/dpa Der Rat der Mutter: "Du behältst die Stimme, bis Du weißt, worum es sich handelt!" wurde Christa Ludwigs Lebensmaxime. In ihrer aktiven Zeit ging sie dennoch zuweilen über die Grenzen ihrer Stimme hinaus, sah aber ein, dass ihre geliebte hochdramatische Partie der Isolde für ihre Stimme einfach nicht gemacht war. Das führte sie nur wieder dahin zurück, wo sie ihre stupende Technik brillant und versiert zum allerbesten und eindringlich-berührendsten Ausdruck führen konnte: zu den großen Mozart- und Strauss-Partien, zu den Rollen der chimärenhaft suchenden Kundry, der düster-taktierenden Ortrud und der erotisch-narkotisierenden Venus, nicht zu vergessen ihre einzigartige Carmen jenseits aller rockraffenden spanischen Klischees. Unvergessen der naiv-aufkeimende Eros, den sie in die Rolle des Cherubino legte, oder die merkwürdig androgyne Sexbesessenheit des Playboys Octavian – zwei Hosenrollen, die die Ludwig trotz ihrer Erfolge nicht liebte – vor allem, weil sie in diesen Rollen eines vollkommen vergessen musste, was für sie zum grundlegenden Selbstverständnis gehörte: ihre Weiblichkeit. Und genau die lebte und lebt sie zu gern, privat als Frau mit ihrem unbändigen Faible für feine und kostspielige Roben wie auch in ihren Rollen. Die Marschallin, ihre Paraderolle, legte sie ganz im Gegensatz zur silbrig-eleganten Marschallin der Sopranistin Elisabeth Schwarzkopf mit ihrem dunklen, weiblich-tönenden Mezzo voller Sinnlichkeit an. Da klingt eine Frau, die ihre besten Jahre verflossen sieht – erotisch, betörend, demütig und doch entschlossen, dem quälenden Fluss der Zeit mit Leichtigkeit zu begegnen.

Drei große Förderer: Böhm, Karajan, Bernstein

In den drei Dirigenten Karl Böhm, ihrem großen Wiener Mentor, Herbert von Karajan und Leonard Bernstein hatte Christa Ludwig drei Förderer und Bewunderer gefunden, mit denen sie auf jeweils individuelle Weise Sternstunden der Musikgeschichte zauberte. Karajan bettete sie stets auf orchestralen Rosen und Bernstein eröffnete ihr, der Mezzosopranistin, in unbewusster Gefolgschaft zu Christa Ludwigs Mutter, endgültig den Weg zur Marschallin. Ohne ihn – so bekennt sie in ihrem Buch "Und ich wär so gern Primadonna gewesen" – hätte sie niemals zu ihrer Ausdruckskraft in der "Winterreise" von Franz Schubert gefunden. "She is simply the best, and the best of possible human beings" – "Sie ist einfach die Größte, der beste Mensch überhaupt": Leonard Bernsteins Bewunderung für Christa Ludwig war immens!

Optimismus und Disziplin

Christa Ludwig beim Finalisten-Konzert vom 9. Internationaler Hilde Zadek Gesangswettbewerb im Gläsernen Saal / Magna Auditorium des Musikvereins. Wien, 11.04.2015 | Bildquelle: picture-alliance/dpa Christa Ludwig, 2015 | Bildquelle: picture-alliance/dpa Auch wenn sie ihre Karriere als Sängerin bezeichnenderweise unmittelbar nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1994 beendete, strahlt ihr Stern bis heute unangefochten hell am Himmel der Mezzosoprane. Ja, sie ist eine lebende Legende, ausgezeichnet mit zahllosen internationalen Ehrungen! Ihre Klugheit, ihr unbändiger Optimismus und ihre preußische Disziplin, mit der sie ihre Stimme führte, erarbeitete und pflegte, manchmal überstrapazierte, durch Krisen lenkte, um aus ihnen am Ende doch glücklich-schadlos hervorzugehen – diese von Christa Ludwig auch gehasste Sensibilität und eherne Verantwortlichkeit diesem so sensiblen Organ gegenüber haben sie den Sängerolymp scheinbar mühelos erklimmen lassen. Als Opernsängerin suchte sie den Menschen und seine Beweggründe hinter den Rollen, als begnadete Liedsängerin dessen Seele. Ihren "Ruhestand" genießt die Vollblutsängerin in vollen Zügen. Was wünscht sich die in der Nähe von Wien lebende Legende Ludwig? "Ganz einfach: Gesundheit für meine Kinder und Gesundheit für mich und Gesundheit für uns alle."

Sendung: "Allegro" am 16 März 2018 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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