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Best-of Quentin Tarantino Die schönsten Soundtracks zu seinen Filmen

Corona-Zeit ist Heimkinozeit! BR KLASSIK präsentiert dazu Playlists mit Kultfilmmusiken: hier eine mit Musik aus Quentin-Tarantino-Klassikern von "Pulp Fiction" bis "Once upon a time ... in Hollywood". Genau wie die Bilderwelten, die er erschafft, sind auch die Soundtracks ein Kniefall vor den Legenden der Filmgeschichte. Am liebsten zitiert und kompiliert er Musik aus alten Filmen, statt sie neu komponieren – außer von seinem Lieblingskomponisten Ennio Morricone. Hier unser Best-Of der Tarantino-Filmmusiken von "Reservoir Dogs" bis "Django Unchained" und dem Soundtrack zum neuen Film.

Uma Thurman in "Kill Bill: Vol. 1" | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Reservoir Dogs (1992)

Mit "Reservoir Dogs" schaffte Quentin Tarantino seinen Durchbruch. Der Titel geht auf Tarantinos Zeit als Videothek-Mitarbeiter zurück, in der ein des Französischen nicht mächtiger Kunde, Tarantino nach dem Film "Reservoir Dogs" fragte, und sich herausstellte, dass er eigentlich Louis Malles "Au Revoir les Enfants" meinte. Tarantino selbst spielte einen der acht Kriminellen, die im Film einen Überfall machen, der gehörig schief geht. Schon hier setzte er auf seine einzigartige Mischung aus Genrezitaten, ausgefeilten, treffsicheren Dialogen und virtuos choreographierter Gewalt. Die Musik sollte die Gewalt kontrastieren. Dazu wird im Film das Radio aufgedreht: "K-Billys Super Sounds of the 70ies“ heißt der latent gelangweilte Kultsender in "Reservoir Dogs", auf dem der Komiker Steven Wright, den monotonen Radio-Anchor gibt - und zwar bereits im Intro des Films.

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Reservoir Dogs HD - Opening - Little Green Bag | Bildquelle: Rojocasinegro (via YouTube)

Reservoir Dogs HD - Opening - Little Green Bag

Das Konzert in München

Donnerstag, 27. Februar 2020, 20:00 Uhr
München, Philharmonie im Gasteig
"The Sound of Quentin Tarantino"

Deutsches Filmorchester Babelsberg
Leitung: Christian Schumann
Moderation: Markus Kavka

Pulp Fiction (1994)

Die Vorspannmusik, die heute untrennbar mit "Pulp Fiction" verbunden ist, heißt "Misirlou". Es ist im Ursprung eigentlich ein griechisch-osmanisches Volkslied, zu dem man traditionelle Kreistänze macht und das wurde häufig bearbeitet und aufgenommen, z. B. von den Beach Boys.

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Pulp Fiction opening scene and song | Bildquelle: IsrFur (via YouTube)

Pulp Fiction opening scene and song

"Pulp Fiction", der Paradefilm der Postmoderne, ist eine wundervolle Zitatesammlung aus Hollywood-Klassikern und der Kniefall des ehemaligen Videothek-Mitarbeiters Quentin Tarantino vor den großen Legenden des Kinos. Mit diesem Film schafft er den Durchbruch und zeigt, wie kein zweiter, was er kann: grandiose, ikonische Bilder, akribische Ausstattung, typische, bonbonfarbene Kinoästhetik, Selbstironie, lustvolle und perfekt getimte Dialoge, gnadenlose, blutrünstige Gewalt, die Entlarvung von Doppelmoral und Feigheit – und das alles erreicht er, in dem er das aufbietet, was seine Vorgänger von Orson Welles bis Alfred Hitchcock in 100 Jahren Kinematographie zur Perfektion gebracht haben. Und das ist sein Geheimrezept, warum die Schauspielgrößen Hollywoods bei ihm ohne lang zu zögern mitspielen. Und Tarantinos Selbstironie steckt an, bei ihm parodieren die Schauspieler ihre Rollentypen. In "Pulp Fiction" geht John Travolta als Killer Vincent Vega 26 Jahre nach "Grease" und 11 Jahre nach "Stayin' Alive" mit einigen Kilos mehr auf den Rippen im Jack Rabbits Slim wieder aufs Tanzparkett. 

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Dancing at Jack Rabbit Slim's - Pulp Fiction (5/12) Movie CLIP (1994) HD | Bildquelle: Movieclips (via YouTube)

Dancing at Jack Rabbit Slim's - Pulp Fiction (5/12) Movie CLIP (1994) HD

Kill Bill Vol. 1 & 2 (2003/2004)

In seinem nächsten Coup "Kill Bill" wurde alles nochmal einen Tacken blutiger. Die Ex-Auftraggeber der ehemaligen Profikillerin Kiddo, metzeln die ganze Hochzeitsgesellschaft der hochschwangeren Braut nieder, sie verliert das Baby und liegt 4 Jahre im Koma. Nach dem Erwachen erstellt sie eine Todesliste, die sie dann in comichaft-blutverspritzen Exzessen, abarbeitet. Für die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft war die Lage klar: "KJ", keine Jugendfreigabe. Aber auch hier war die Musik wieder unschlagbar, denn auch hier bliebt Tarantino seinem Credo treu, nachdem er wie er sagte "nie neukomponierte Musik für einen Film verwenden würde", griff Tarantino wieder in die musikalische Wunderkiste der Hollywood-Historie. Hier kam Musik von James Last, Luis Bacalov und - zum ersten Mal bei Tarantino - von Ennio Morricone zum Einsatz: aus dem Western "Death rides a horse", auf Deutsch "Von Mann zu Mann". Im Gedächtnis ist vor allem ein kurzes gepfiffenes Stück aus dem Anfang von "Kill Bill Vol. 1" geblieben, es ist von Bernard Hermann und hatte sich bereits 1968 bewährt. Der Film hieß im Original "Twisted Nerve".

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Kill Bill Vol. 1 Twisted Nerve (Smell my Finger Version) | Bildquelle: Russell Peterson (via YouTube)

Kill Bill Vol. 1 Twisted Nerve (Smell my Finger Version)

"Inglourious Basterds" (2009)

Als absichtlich falsch geschriebene Inglorious Bastards (zu Deutsch: unrühmliche Mistkerle) erweisen sich alle Protagoisten in diesem kontrafaktischen Kriegsfilm, sowohl die Nazis als auch die Nazijäger. In einem atemberaubenden Drahtseitakt zwischen Gewalt, Moral und Entertainment, gelingt es Tarantino, eindrucksvoll, die Banalität des Bösen dazustellen: fast alle sind kleine Rädchen in übermächtigen Systemen und hemmungslose Egoisten.Gespielt werden sie vom Who-is-Who der Filmwelt: Brad Pitt, Christoph Waltz, Michael Fassbender. Auch Diane Krüger, Til Schweiger und Daniel Brühl waren dabei. Tarantino zeigt sich als äußert bewandert mit dem deutschen Kino der 30er und 40er, das lässt er in "Inglorious Basterds" durch seine berüchtigten Querverweise (hier auf Georg Wilhelm Papst und Leni Riefenstahl) immer wieder durchschimmern. Da Tarantino zum Beispiel die Entertainer Lilian Harvey und Willi Fitsch verehrt, durfte "Ich wollt ich wäre ein Huhn" aus "Glückskinder" nicht fehlen - als Kniefall vor dem alten deutschen Kino, aber auch weil Goebbels das Lied ablehnte und sagte, er möchte nicht, dass deutsche Männer sich wünschen, ein Huhn zu sein.

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Ich Wollt Ich Waer Ein Huhn - Inglorious Basterds OST | Bildquelle: MrOSTMusic (via YouTube)

Ich Wollt Ich Waer Ein Huhn - Inglorious Basterds OST

Für "Inglorious Basterds" hat Tarantino, der ja nie extra Musik für seine Filme komponieren lassen wollte, aber zum ersten Mal mit seinem Credo gebrochen und bei seinem Idol Ennio Morricone angeklopft, und um Musik gebeten. Der aber feierte zu dieser Zeit gerade seinen 80. Geburtstag und ist ohnehin gelinde gesagt nicht begeistert von Hollywood, und wollte nicht. Tarantino behauptete weiterhin, er hätte das ja eh "abgeschmackt“ gefunden, Musik komponieren zu lassen. Beleidigt war der Gute - aber das hielt ihn nicht davon ab gleich acht Morricone-Scores in "Inglorious Basterds“ zu verwenden - die hier ist ursprünglich aus dem Historien-Drama "Allonsanfan" von 1974 und begleitet die Schlusssequenz und den Abspann: "Rabbia e Tarantella"

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Ennio Morricone - Inglourious Basterds - Rabbia E Tarantella - (With Sync Editing) | Bildquelle: Zacharias Armstrong (via YouTube)

Ennio Morricone - Inglourious Basterds - Rabbia E Tarantella - (With Sync Editing)

Django Unchained (2012)

Nach dem er sich an den Nazis abgearbeitet hatte, nahm sich der historisch interessierte Tarantino gleich das nächste unangenehme Kapitel der Geschichte vor, nämlich die Zeit der Sklaverei in Amerika. Aber auch in "Django Unchained" kommt Tarantinos Faszination für die deutsche Kultur und Geschichte wieder zum Ausdruck, und der Österreicher Christoph Waltz wird als Düsseldorfer Kopfgeldjäger Dr. King Schultz ein weiteres Mal in einem Tarantino Streifen zum Deutschen und hilft dem Ex-Sklaven Django seine große Liebe wieder zu finden, die tatsächlich Brünnhilde (hier Broomhilda) heißt. Und in "Django Unchained" fiel es dann zum ersten Mal, Tarantinos Reinheitsgebot in Sachen Musik. Er ließ komponieren und tatsächlich steuerte Ennio Morricone einen Song bei: Ancora Qui, der Song zu dem Dr. Schultz und Broomhilda sich begegnen. Im Gedächtnis bleibt aber dennoch der Titelsong von Luis Enriquez Bacalov, der bereits der Titelsong des Spaghetti-Western "Django" von 1966 war.

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Django Unchained INTRO | Bildquelle: Jean Valjean (via YouTube)

Django Unchained INTRO

The Hateful 8 (2015)

2015 war es dann endlich soweit: Ennio Morricone komponierte einen Score für Tarantinos Schneewestern - und das obwohl Morricone doch so die Nase voll davon hat, immer mit den Italowestern in Verbindung gebracht zu werden. Aber er hat es getan und das war für viele praktisch, denn so fand man endlich Gelegenheit, ihm nach dem Oscar für seinen Lebenswerk doch noch einen Oscar für eine Filmmusik zu geben. Durch den Trick, ihm einen Stern auf dem Walk of Fame zu weihen lockte man ihn nach Hollywood. Morricone kam und alle freuten sich. Auch weil man einen Skandal wie bei den Golden Globes vermeiden wollte. Denn da hatte Tarantino die Auszeichnung für die Musik zu "The Hateful 8" stellvertretend für Morricone entgegengenommen, und dann im Überschwang seinen Lieblingskomponisten Morricone zwischen Beethoven, Schubert und Mozart eingereiht, und dabei in Anwesenheit jeder Menge afroamerikanischer Kolleginnen und Kollegen die Filmmusik als "Ghetto" bezeichnet. Und dennoch: wir verdanken Tarantino die letzte Westernmusik von Morricone - die, das war Voraussetzung, ganz anders klingt, als gewohnt. Sie zieht sich durch den Film, wie eine Blutspur durch den Schnee.

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The Hateful Eight - L'Ultima Diligenza di Red Rock | Bildquelle: TheHatefulEightVEVO (via YouTube)

The Hateful Eight - L'Ultima Diligenza di Red Rock

Once upon a time ... in Hollywood (2019)

Leonardo di Caprio als Schauspieler Rick Dalton und sein Stuntman Cliff Booth, gespielt von Brad Pitt, sind im Hollywood des Jahres 1969 auf dem absteigenden Ast, und versuchen irgendwie klarzukommen. Zur gleichen Zeit ermordet im Nachbarhaus eine Gruppe um Charles Manson die Frau von Roman Polanski. Auch dieser Film ist ein Porträt des alten Hollywood, eine Hommage an das L.A. aus Tarantinos Kindheit und auch hier zeigt er sich wieder nostalgisch und konservativ im besten Sinne. Auch bei der Musik gilt: Back to the roots. So stylisch wie die Musik sind auch die Ausstattung und die Klamotten zu "Once upon a time ... in Hollywood". Möglicherweise hat Tarantino in seinem eigenen Plattenarchiv gestöbert, das sich neben seinem Schlafzimmer befindet. Darin soll es aussehen wie in einem Second- Hand-Plattenladen, mit Plattenständern in denen man wie im Laden bequem blättern kann, mit alphabetischen Trennern und nach Genre geordneten LPs. Der Soundtrack ist ein Muss für Beatfans und 60er Jahre Nostalgiker und Tarantino feiert darin genau wie im Film seine Kindheit. Musik aus Bernard Hermans Torn Curtain ist genauso dabei wie Simon and Garfunkles "Mrs. Robinson", Gershwins Summertime und "California Dreaming" von den Mammas and Pappas und auch das hier, ein Song aus dem Film aus: "Three in the Attic" (Film, 1968), auf Deutsch hieß der "Auf welcher Seite willst du liegen".

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Paxton Quigley's Had The Course (from Three in the Attic) | Once Upon a Time in Hollywood OST | Bildquelle: Original Soundtrack (via YouTube)

Paxton Quigley's Had The Course (from Three in the Attic) | Once Upon a Time in Hollywood OST

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