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"Die gute Fee" – Filmkomponistin Rachel Portman Disney-Märchen mit Twist

Mit ihren dramatischen und einfühlsamen Scores zu Literaturverfilmungen wie "Oliver Twist", "Emma" und "Gottes Werk und Teufels Beitrag" wurde Rachel Portman weltberühmt und als erste Filmkomponistin mit dem Oscar gekürt. Jetzt hat sie mit "Die gute Fee" zum ersten Mal einen Disney-Film vertont.

Die Filmkomponistin Rachel Portman erhält den "Look & Listen - Telepool-BR-Music-Award". | Bildquelle: BR/Giles Keyte

Bildquelle: BR/Giles Keyte

BR-KLASSIK: Gute Feen gab es in der Disney-Geschichte schon häufig, man denke an die berühmte Fee aus Cinderella - waren das große Fußspuren in die man tritt, oder haben Sie versucht etwas ganz Neues zu machen?

Rachel Portman: Tatsächlich nehme ich alle Inspriation aus dem Film, aus dem, was ich sehe. Ich dachte nicht: "Oh je, wie fang ich das jetzt an, diese Vorbilder ...".
"Die gute Fee" ist eine moderne Version eines Märchens, aus einer ganz anderen Zeit als z.B. "Cinderella". Also habe ich geschaut: Was passiert da, auf der Leinwand? Ich habe mit der Regisseurin gesprochen und mich drauf konzentriert, was die Bilder für eine Musik brauchen.

Die Regisseurin wollte alles! Groß, zauberhaft - und ironisch
(Rachel Portman)

BR-KLASSIK: Und was brauchen die Bilder? Disney ist ja bekannnt für große, fast pathetische Bilder und großartige, einprägsame und symphonische Scores – wie war es, für Disney zu arbeiten?

Die Filmkomponistin Rachel Portman erhält den "Look & Listen - Telepool-BR-Music-Award". | Bildquelle: BR/Giles Keyte Rachel Portman | Bildquelle: BR/Giles Keyte Rachel Portman: Als ich mit Regisseurin Sharon Maguire am Anfang gesprochen habe, da hat sie gesagt: Das wird ein Film für Disney, ein Märchen – aber mit einem Twist. Sie wollte ehrlich gesagt alles in diesem Score. Sie wollte es groß und zauberhaft und monumental – aber sie hat sich auch gewünscht, dass es nicht das klassische, altmodische Disney-Musical wird. Ich hatte große kreative Freiheit und habe es wirklich genossen, aus dem Vollen zu schöpfen: Ich habe einen Frauenchor verwendet und ich habe viel auf Streicher gesetzt, um diesen Klang einer anderen Welt zu erschaffen. Und ehrlich: Wen würde es nicht freuen, so einen Auftrag zu bekommen, mit soviel Magie, Romantik, Liebe, Herzensfreude und soviel Komik – das war wirklich eine großartige Vorlage für die Musik.

BR-KLASSIK: Und wie bringen Sie musikalisch den erwähnten Twist rein, die ironische Brechung?

Rachel Portman: Die humorvollen Szenen leben von den Details, und dem Tempo, auch in der Musik. Aber das war ein Drahtseilakt, dem Rechung zu tragen und gleichzeitig nicht zu sagen: "An der Stelle müsst ihr jetzt bitte alle lachen".

BR-KLASSIK: Hat Disney, weil man dort so viel Wert auf gute Scores legt, Ihnen mehr Zeit als üblich für die Arbeit gelassen?

Es ist alles im Lockdown entstanden
(Rachel Portman)

Rachel Portman am Klavier | Bildquelle: 2017 Epicleff Media/NFP marketing & distribution* Rachel Portman bei der Arbeit... | Bildquelle: 2017 Epicleff Media/NFP marketing & distribution* Rachel Portman: Ich hab von Mai bis Ende September dran gearbeitet – wir hatten ein bisschen mehr Zeit, denn es war wirklich eine Herausforderung, den Film unter diesen Umständen fertig zu kriegen. Die Dreharbeiten mussten unterbrochen werden, eine Woche vor Drehschluss. Und ich habe die Regisseurin nie treffen können. Wir haben alles über Videokonferenzen gemacht. Das wäre vor zehn Jahren gar nicht gegangen. Und interessant war auch: Wir waren mit die Ersten, die wieder mit einem großen Orchester ins Studio gegangen sind, mit den ganzen neuen Auflagen, mit dem Abstand und allem. Wir hatten kaum genug Platz, konnten kaum alle zusammen sein. So musste ungeheuer effizient gearbeitet werden. Aber die Musikerinnen und Musiker waren wirklich sehr bewegt, wieder zusammen zu spielen, weil sie das so lange nicht getan hatten.

BR-KLASSIK: Haben Sie eine Lieblingsszene?

Rachel Portman: Es hat Spaß gemacht hat, die Musik für einen der Zaubersprüche am Schluss zu schreiben, wo etwas Großes und ungeheuer Zauberhaftes passiert. Und da kamen von Mal zu Mal größere Special Effects dazu. Dann dachte ich plötzlich: Jetzt gibt es Effekte wie Wirbel auf der Leinwand, also brauch ich auch wirbelnde Musik! 

BR-KLASSIK: Die Premiere fand im Disney-Streaming-Portal Disney+ statt - viele Kino-Fans seufzen da. Vermissen Sie eine richtige Premiere in einem richtigen Kino?

Rachel Portman: Auf jeden Fall! Ich vermisse es wirklich, ins Kino zu gehen. In diesem Jahr ist alles anders. Wir gewöhnen uns mehr und mehr dran, daheim auf den Bildschirm zu gucken, für die Arbeit, für die Bildung, auch um Freunde zu sehen – aber das ist nicht dasselbe. Ich will nicht unterbrochen werden, wenn ich einen Film anschaue. Ich will in einem dunklen Saal sitzen, mit anderen Menschen und die Erfahrung des Films mit den anderen teilen – und hören, auf den besten Lautsprechern, die es gibt! Klar, ich freue mich, dass es mittlerweile so großartige Angebote für zu Hause gibt, da sind fantastische Filme dabei und die Qualität ist mittlerweile großartig. Aber: Ins Kino gehen, das ist durch nichts zu ersetzen!

Das Interview führte Antonia Goldhammer.

Sendung: "Cinema" am 6. Dezember 2020 ab 18:05 Uhr auf BR-KLASSIK.

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