Leipzig, 20. März 1212. Die Thomasschule wird gegründet. Der Thomanerchor Leipzig blickt auf eine über 800-jährige Tradition zurück. Die Anfänge liegen weit im Mittelalter. Damals nötigte ein sächsischer Graf der Stadt ein Kloster auf, das bald zu einem Zentrum der Bildung und der Musik wurde.
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Von einer Schule ist in der Gründungsurkunde allerdings gar nicht explizit die Rede. Am Anfang steht ein Augustiner-Chorherrenstift. Initiator ist der Markgraf Dietrich. Warum der den Leipzigern ein Kloster schenken will, weiß man nicht. Manche unken, er habe die bürgerlichen und sehr auf ihre Unabhängigkeit bedachten Leipziger via Beichtstuhl aushorchen, also sowas wie einen Vorläufer der Stasi installieren wollen. Die Menschen befürchteten das Schlimmste. Sie stürmen die Baustelle, zünden das Holz an und werfen die Steine in den Fluss. Es entbrennt ein regelrechter Bürgerkrieg. Am Ende bekommen die Leipziger zwar ihre Handelsprivilegien bestätigt, müssen aber zusehen, wie ihre Stadtmauer geschleift und aus den Steinen das Thomaskloster gebaut wird. Gesungen wird in St. Thomas natürlich von Anfang an: Gregorianik oder Musik von Heinrich von Morungen.
Heinrich von Morungen, einer der bedeutendsten Minnedichter der Zeit und mittlerweile 60 Jahre alt, gehört zu den ersten Chorherren, die in Leipzig einziehen. Für Graf Dietrichs Kloster ein dicker Fisch. Denn Morungen bringt nicht nur stattliche Einkünfte mit, sondern die damals bedeutendste internationale Währung: Reliquien, Überreste des heiligen Apostels Thomas, an die der Sänger angeblich in Indien gekommen ist.
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Sendung: "Allegro" am 20. März 2025 um 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK