Ihre Ausbildung zur Sängerin begann Hildegard Behrens erst untypisch spät. Aufgewachsen in einer musikbegeisterten Medizinerfamilie studierte sie zunächst Jura, bevor sich die Sopranistin dem Opernfach widmete - und das mit großem Erfolg.
Bildquelle: picture-alliance/dpa
"Man fühlt, was der andere denkt, und wenn man einen Partner hat, der Banalitäten denkt, dann stört das. Wenn man aber merkt, dass beide an das Gleiche denken, und ein Ziel vor Augen haben, das gar ins Metaphysische geht, dann ist das ein Erlebnis." Metaphysisch war es oft, wenn Hildegard Behrens auf der Bühne stand und etwa die Brünnhilde, die Isolde oder die Salome sang. Nicht nur für die Sopranistin selbst, auch für ihre Bühnenpartner und ihr Publikum.
Man fühlt, was der andere denkt.
München und Bayern verehren die am 9. Februar 1937 im niedersächsischen Varel geborene hochdramatische Sopranistin seit ihren Brünnhilden in Bayreuth und an der Bayerischen Staatsoper in den 80er Jahren bis heute. Der erste große Paukenschlag gelang Hildegard Behrens allerdings schon ein Jahrzehnt zuvor: 1977 sang sie in Salzburg ihre erste fulminante Salome. Herbert von Karajan hatte sie in Düsseldorf gehört und eigens dafür gecastet, nach zehn Jahren des Suchens hatte er in ihr "seine Salome" gefunden. Hildegard Behrens sang keine Rollen. Wie ihr Vorbild Maria Callas lebte sie Menschen. Ihre Leidenschaft ist legendär, ihre Bühnenpräsenz war umwerfend, ihr Gespür für die szenische Interaktion instinktiv.
Ein halber Meter kann unendlich weit sein, und drei Meter können zu nah sein.
1/4
Die Sopranistin Hildegard Behrens als Isolde...
Bildquelle: Warner Classics
2/4
mit Leonard Bernstein bei einer Pressekonferenz, München 1981..
Bildquelle: (c) dpa - Report
3/4
als Elektra, 1998...
Bildquelle: picture-alliance/dpa
4/4
1999 in Wien
Bildquelle: (c) epa-Bildfunk
Über das sängerische Können der studierten Juristin mit Alternativ-Berufswunsch Innenarchitektin herrscht fast ein Glaubenskrieg. Ihre Fans, bei Weitem die Mehrheit - auch unter den Profis - tragen sie auf Händen. James Levine schwärmte: "Viele Sänger mögen tiefe Empfindungen haben, aber nur wenige besitzen die Fähigkeit, sie sichtbar zu machen. Hildegard hat dieses einzigartige Gesicht, auf dem innere Vorgänge zu sehen sind." Stimmpapst Jürgen Kesting hingegen erlebte ihre Bayreuther Brünnhilde "in stimmlicher Hinsicht als Ritt über den Bodensee" und attestierte ihr "ausgesprochen störende Register-Divergenzen".
Die MET in New York, Covent Garden, Houston/Texas und immer wieder München, wo sie 1996 als Isolde bei der Wiedereröffnung des Prinzregententheaters auf der Bühne stand, hörten mit anderen Ohren und wurden musikalische Heimstätte von Hildegard Behrens. Mitten auf einer Tournee in Japan ließ sie sich wegen Unwohlsein ins Krankenhaus bringen. Keinen Tag später war sie tot. Sie starb am 18. August 2009 mit 72 Jahren an einer Aneurysmaruptur.
Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8.30 Uhr und um 16.40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören - oder Sie abonnieren unseren Podcast. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.